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Resilienz: Warum ist die Fähigkeit wichtig?

Resilienz: Traurige Frau am Fenster
© fizkes / Shutterstock
Resilienz hilft uns dabei, negative Lebensereignisse zu überwinden. Wir erklären, warum diese Fähigkeit wichtig ist und wie man sie sich aneignen kann.

Was ist Resilienz?

Unter Resilienz (vom lateinischen resilire = zurückspringen oder abprallen) versteht man die Fähigkeit, Schicksalsschläge wie zum Beispiel Todesfälle oder Trennungen gut zu bewältigen, ohne dass die Seele dadurch auf lange Sicht Schaden nimmt. Resiliente Menschen verarbeiten Krisen schneller als andere und sind durch ihre Widerstandsfähigkeit meist auch weniger anfällig für psychische Krankheiten. Generell lässt sich die Fähigkeit entwickeln – allerdings braucht dieser Prozess Zeit. 

Ist Resilienz eine besondere Fähigkeit von Kindern?

Der Grundstein für eine gute Resilienz wird in der Kindheit gelegt –ein positives Umfeld mit elterlicher Unterstützung sowie andere verlässliche Bezugspersonen sorgen für die Entwicklung der Fähigkeit. Früher hat man den Begriff Resilienz tatsächlich in erster Linie auf Kinder bezogen, die beispielsweise trotz schlechter Lebensbedingungen oder harter Schicksalsschläge als Erwachsene psychisch und strafrechtlich unauffällig waren und einer geregelten Tätigkeit nachgingen. 

Dieses Denken wandelte sich erst, als klar wurde, dass psychische Widerstandsfähigkeit in jeder Lebensphase von Vorteil ist. Heute ist der Begriff Resilienz weiter gefasst und bezieht sich auf alle Menschen, die eine gewisse Resistenz gegenüber Schicksalsschlägen und möglichen Traumata haben. 

Resilienz und Vulnerabilität (Hochsensibilität)

Das Gegenteil der Resilienz ist die sogenannte Vulnerabilität (auch als Hochsensibilität bezeichnet). Betroffene Menschen sind negativen Einflüssen gegenüber sehr empfindlich und seelisch verletzlich. Vulnerabilität lässt sich nicht vollständig ablegen, wenngleich sie auch mit psychologischer Hilfe eingedämmt werden kann. Schätzungen zufolge leiden etwa 15 Prozent aller Deutschen unter Vulnerabilität.

Die 7 Säulen der Resilienz

In der Psychologie geht man davon aus, dass sieben bestimmte Persönlichkeitsmerkmale Einfluss darauf haben, wie hoch die eigene Resilienz ist. Folgende Persönlichkeitsmerkmale und Charaktereigenschaften beeinflussen die Resilienz:

  • Selbstbewusstsein: Resiliente Menschen wissen, wer sie sind und was sie können. Sie kennen ihre Stärken und versuchen aktiv, Dinge zu verändern, die ihnen nicht gefallen. Ihr Selbstvertrauen hilft ihnen dabei, neue Lösungsansätze zu finden, was ihnen großes Vertrauen einbringt.
  • Handlungskontrolle: Diese Eigenschaft befähigt dazu, nicht unkontrolliert und impulsiv auf Reize zu reagieren, sondern bedacht und überlegt. Wer über Handlungskontrolle verfügt, für den stellt auch der sogenannte Gratifikationsverzicht kein Problem dar. Das bedeutet, dass man zugunsten einer zukünftigen Zielerreichung auf eine sofortige Belohnung verzichten kann.
  • Gefühlsstabilität: Eine Grundlage der Resilienz ist es, Einfluss auf die eigene Gefühlswelt zu nehmen und Emotionen reflektieren zu können. Stress und Druck können so beispielsweise weniger als Belastung, sondern mehr als Herausforderung betrachtet werden. Man kann den Begriff auch mit emotionaler Reife ersetzen.
  • Realismus: Sich Ziele zu setzen ist gut – solange diese Ziele realistisch sind. Resiliente Menschen haben ein Händchen dafür, langfristig zu denken und sich realistische Ziele zu setzen. Sie können konstruktiver mit negativen Lebensereignissen wie beispielsweise dem Tod eines nahen Familienangehörigen umgehen, weil sie sich ihren Schmerz zwar erlauben, sich aber auch damit auseinandersetzen.
  • Optimismus: Am Ende ist alles gut – und wenn es das nicht ist, ist es noch nicht das Ende. Derart optimistische Herangehensweisen helfen resilienten Menschen dabei, eine aktuelle negative Situation zu akzeptieren und gleichzeitig dennoch positiv in die Zukunft zu sehen. Das bewahrt sie sowohl vor der Opferrolle als auch davor, die Schuld für etwas ausschließlich bei sich selbst zu suchen.
  • Kontaktfreude: Wer gern und viel kommuniziert, ist eher bereit, sich bei Schwierigkeiten Hilfe zu holen – und setzt dabei auf einfühlsame und vertrauensvolle Partner. Diese Charaktereigenschaft zeichnet resiliente Menschen aus. Es fällt ihnen auch leicht, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und deren Verhalten zu deuten, was sie zu guten Beziehungspartnern mit hoher Widerstandskraft macht.
  • Analysestärke: Wer resilient ist, kann bei Krisen und Schicksalsschlägen sachbezogen nach den Ursachen forschen, diese analysieren und daraus Schlüsse für das eigene weitere Verhalten ziehen. Alternative Lösungsmöglichkeiten zu finden und sich nicht auf bekannte Denkmuster zu fokussieren, fällt diesen Menschen leichter.

Je mehr dieser Charakterzüge ein Mensch in sich vereint, desto eher besitzt er auch eine gute Resilienz.

Fallback-Bild

Welche Resilienzfaktoren gibt es noch?

Abgesehen von den Persönlichkeitsmerkmalen gibt es noch andere Faktoren, die die Resilienz beeinflussen. Dazu zählen:

Umweltfaktoren der Resilienz

  • Unterstützung durch die Familie
  • Kultureller Hintergrund
  • Gemeinschaftsempfinden (z. B. durch Religionsausübung)
  • Soziales Umfeld (privat und schulisch)

Prozessfaktoren der Resilienz

  • Nutzung von Perspektiven
  • Akzeptanz von unveränderbaren Umständen und / oder Fakten (z. B. Tod eines geliebten Menschen)
  • Konzentration auf die Strategie, mit der ein realistisches Ziel erreicht werden kann und soll

Besonders den Umweltfaktoren kommt bei der Resilienz eine besondere Bedeutung zu. Untersuchungen belegen zum Beispiel, dass Kinder aus Armutsfamilien mehr Risiken und Schwierigkeiten ausgesetzt sind als Kinder aus mittelständischen oder reichen Familien. Demnach haben etwa zwei Drittel aller Kinder aus armen Familien als Erwachsene eher mit Problemen zu kämpfen, als wirtschaftlich besser gestellte Kinder. Ihre schulischen Leistungen sind zudem durchschnittlich oft schlechter, sie sind verhaltensauffälliger und rutschen eher in kriminelle Umfelder. 

Was für eine große Rolle gerade die Eltern spielen, hat die Resilienzforschung mittlerweile herausgefunden. Demnach zeichnet die Eltern resilienter Kinder oft Folgendes aus:

  • Höherer Bildungsgrad
  • Mit höherer Wahrscheinlichkeit liegt Berufstätigkeit vor
  • Sie gelten als freundlich, dem Kind einfühlsam zugewandt, unterstützen es und nehmen an seinem Leben Anteil

Die Kinder wachsen oft mit durchschnittlich weniger Geschwistern auf als nicht resiliente Kinder und auch eher in Familien mit Vater und Mutter. Fehlt ein Elternteil, kann sich das auf die Resilienzentwicklung negativ auswirken. Fehlt einem Kind mit einer hohen Resilienz der Halt und die Unterstützung zu Hause, wird es mit einer höheren Wahrscheinlichkeit nach anderen Bezugspersonen suchen und verlässt das negativ Familienumfeld, wenn es alt genug ist.

Ist Resilienz erlernbar?

Grundsätzlich lässt sich Resilienz schulen, denn unsere Persönlichkeit lässt sich ändern – sogar in Bezug auf wesentliche Merkmale, wie eine Gemeinschaftsarbeit der Universitäten Münster, Mainz und Leipzig belegen konnte. Demnach ist die Persönlichkeit an sich zwar stabil, aber bis zu einem Alter von 30 Jahren und dann wieder ab einem Alter von 70 Jahren kann sie sich auch in bestimmten Punkten verändern. Besonders durch Lebensereignisse wie:

  • Heirat,
  • die Geburt des ersten Kindes,
  • Schicksalsschläge
  • oder den Renteneintritt.

Junge Erwachsene, die ins Berufsleben eintreten, werden beispielsweise gewissenhafter, nach Renteneintritt sinkt die Gewissenhaftigkeit aber wieder. Die Offenheit für neue Erfahrungen dagegen nimmt beispielsweise in der Ehe besonders bei Männern eher ab und nach einer Trennung wieder zu. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es aber auch anders herum geht – und die Persönlichkeit Einfluss darauf hat, wie wir negative Lebensereignisse wahrnehmen. Deshalb können zwei Personen mit unterschiedlichem Charakter auch unterschiedlich auf dasselbe Ereignis reagieren. 

Aus all dem lässt sich schließen, dass Resilienz in der Kindheit erworben und durch verschiedene Faktoren beeinflusst und weiterentwickelt wird. Damit man die eigene Resilienz stärken kann, ist es aber auch wichtig, positive Erfahrungen im Umgang mit Krisen und negativen Lebenserfahrungen zu machen – hier stehen wieder die Eltern in der Verantwortung. Ein Kind muss lernen, dass nach einer schweren Zeit auch wieder eine gute kommen kann und dass es jeder selbst in der Hand hat, auch etwas dazu beizutragen.

So stärkst du deine Resilienz

Tatsächlich existiert von der amerikanischen Psychologenvereinigung eine Art Anleitung zum Erlernen von Resilienz. Unter anderem finden sich darin folgende Tipps:

  • Siehe Krisen nicht als unüberwindbares Hindernis an.
  • Setze dir realistische Ziele und glaube daran, dass du sie erreichen kannst.
  • Glaube an deine eigenen Stärken und Fähigkeiten.
  • Versuche Dinge auf eine langfristige Sicht hin zu betrachten.
  • Akzeptiere, dass Wandel zum Leben dazugehört.
  • Achte auf ein positives Selbstbild – und kümmere dich um dich selbst. 
  • Falle nicht in eine Opferrolle, sondern treffe aktive Entscheidungen.
  • Baue dir ein soziales Netzwerk auf.

Resilienz stärken: Was jeder selbst tun kann

Da das Leben ein ständiges Auf und Ab ist, haben wir quasi jeden Tag die Möglichkeit, an unserer Resilienz zu arbeiten. Aus den Tipps der amerikanischen Psychologenvereinigung lassen sich kleine To-Dos für den Alltag ableiten, um unsere psychische Widerstandsfähigkeit zu stärken. Dazu zählen zum Beispiel folgende Tipps:

  • Tagebuch führen: Nicht umsonst wird in der Psychologie oft dazu geraten, Erlebtes aufzuschreiben. Dadurch sortiert man nicht nur seine eigenen Gedanken und Gefühle, das bloße Niederschreiben hilft auch bei der Verarbeitung negativer Erlebnisse. So stärkt man die Resilienz.
  • Krisen reflektieren: Es hilft, vergangene schwere Zeiten und den eigenen Umgang damit zu reflektieren, um eine gute Strategie für zukünftige Schicksalsschläge zu entwickeln. So hält man sich außerdem vor Augen, dass man tatsächlich in der Lage ist, Krisen zu überstehen und welche Stärken dabei geholfen haben.
  • Beziehungen pflegen: Jeder Mensch braucht Bezugspersonen, denen er vertraut – das ist eine Grundlage der Resilienz. Für viele Menschen ist das die eigene Familie oder der Partner, aber auch ein guter Freund kann eine Bezugsperson sein. Wichtig ist nur, dass man das Gefühl hat, sich jederzeit auf diesen Menschen verlassen zu können.
  • Niederlagen akzeptieren: Egal wie viel wir planen, manchmal passieren einfach Dinge, die uns aus der Bahn werfen. Wir müssen akzeptieren, dass wir nicht alles beeinflussen können. Besser ist, eine Niederlage auch als Chance zu sehen und daraus zu lernen.
  • Lösungsorientiert arbeiten: Wer vor einem Berg von Problemen steht, sollte versuchen, diesen Stück für Stück abzubauen und nacheinander abzuarbeiten. Dabei richtet sich der Blick am besten auf mögliche Lösungen und Ziele, nicht auf die Ursachen der Probleme.

Resilienz rettet nicht immer – niemand kann dem Unglück ganz entgehen

Allerdings kann die Resilienz noch so hoch sein – kein Mensch ist völlig gegen jedes Unglück gefeit. Viele Philosophen gehen beispielsweise davon aus, dass Leid zum Leben dazu gehört und jeder Mensch somit quasi bis zum Tod an seiner Resilienz arbeiten muss. Das zu akzeptieren, soll dabei helfen, mit Krisen und Schicksalsschlägen besser umzugehen. Kritiker bemängeln an diesem Ansatz, dass er dafür sorgen könnte, dass Emotionen verleugnet oder sogar unterdrückt und negative Ereignisse nur noch mit dem Verstand betrachtet werden. Schlimmstenfalls könnte das zu einer Gleichgültigkeit führen ("Indolenz"), die auch in der Psychologie als bedenklich angesehen wird.

Resilienz versus Gleichgültigkeit

Letztendlich gilt es vermutlich, auch hier einen guten Mittelweg zu finden. Unsere Gefühle sind wie unser Leben bekanntlich wie eine Achterbahnfahrt und gehen mal auf und mal runter. Der Vorteil der Resilienz ist, dass sie uns erlaubt, die negativen Gefühle des "Herunterfahrens" schneller zu überwinden.

Lesetipps: Du weißt jetzt alles, was du über Resilienz wissen solltest. Hier erklären wir noch alle Burnout-Symptome, die du kennen solltest und was eine depressive Verstimmung ist. Außerdem verraten wir, wie eine Erschöpfungsdepression entsteht und was dagegen hilft.

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