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"Ich empfinde Altern als Leistung"

Fallback-Bild
Was Jerry Hall von Bob-Frisuren, Botox, Beauty-OPs und Altersdiskriminierung hält, verrät uns die Model-Ikone im Exklusiv-Interview.

BRIGITTE WOMAN: Mrs. Hall, die Welt kennt Sie nur mit Ihren endlos langen Locken, Ihrem Markenzeichen. Warum haben Sie die ausgerechnet jetzt abgeschnitten?


Jerry Hall: Ich hatte mein ganzes Leben lange Haare, aber jetzt war die Zeit einfach reif. Eine Spontanentscheidung. Beim Friseur war mir dann doch ein bisschen bange - das Abschneiden dauert ja nur Minuten, schnipp, schnipp, schnipp. Aber es fühlte sich total befreiend an. Der L'Oréal-Professionnel-Stylist Seb Bascale, der mir den Look verpasst hat, nennt es übrigens ‚Lob', einen langen Bob. Das Tolle ist, meine Haare machen ganz andere Sachen als vorher und wirken viel dicker.

Neue Haare, neuer Lebensabschnitt?

So ist es tatsächlich. Ein frischer Haarschnitt ist wie ein Neustart, das setzt Energie frei. Als ich jünger war, wurde ich häufig auf das Klischee einer schönen Frau mit langen Haaren und langen Bei-nen reduziert. Aber wenn man älter wird, reicht blond und langbeinig nicht mehr. Man sollte seine Aufmerksamkeit auf ein gutes Gesamtstyling richten, das den Typ unterstreicht.

Welche Reaktionen gab es auf Ihren neuen Look?

Jerry Hall, am 2. Juli 1956 in Gonzales, Texas, geboren, wird mit 16 Jahren auf einer Europareise in St. Tropez als Model entdeckt. In den 70er Jahren ist sie eines der erfolgreichsten Models, arbeitet mit Fotografen wie Helmut Newton und zieht nach New York. Sie war neun Jahre mit Mick Jagger verheiratet, die beiden haben aus dieser Zeit vier gemeinsame Kinder: Elizabeth, James, Georgia May und Gabriel Jagger. Die 58-jährige Jerry Hall modelt heute noch, etwa als Gesicht für die Luxushaarpflege L'Oréal Professionnel, sie spielt Theater und dreht Filme. Hall wohnt mit ihrem jüngsten Sohn Gabriel in London.
Jerry Hall, am 2. Juli 1956 in Gonzales, Texas, geboren, wird mit 16 Jahren auf einer Europareise in St. Tropez als Model entdeckt. In den 70er Jahren ist sie eines der erfolgreichsten Models, arbeitet mit Fotografen wie Helmut Newton und zieht nach New York. Sie war neun Jahre mit Mick Jagger verheiratet, die beiden haben aus dieser Zeit vier gemeinsame Kinder: Elizabeth, James, Georgia May und Gabriel Jagger. Die 58-jährige Jerry Hall modelt heute noch, etwa als Gesicht für die Luxushaarpflege L'Oréal Professionnel, sie spielt Theater und dreht Filme. Hall wohnt mit ihrem jüngsten Sohn Gabriel in London.
© L?Oréal Professionnel

Mein jüngster Sohn Gabriel fragte entgeistert: "Mom, was hast du getan?" Er war geschockt, weil er mich nur mit langen Haaren kennt. Aber jetzt gefällt es ihm. Seine Schwestern Georgia und Lizzie fanden es sofort toll. Und mein Freund sagt, ich sehe fantastisch aus. Ist das nicht süß von ihm? Mick findet den Look übrigens auch super. (Anmerkung der Redaktion: Mick Jagger ist Jerry Halls Ex-Mann, seit einem Jahr ist sie mit dem Biologie-Professor Armand Leroi, 50, liiert.)

Ich habe gleich noch ein Klischee für Sie: Models lieben Rockstars, und Rockstars lieben Models. Warum ist das so?

Frauen lieben Rockstars, weil sie Poeten sind. Mit ihrer Poesie in ihren Songs brechen sie Herzen. Und Rockstars können nicht anders, als alle hübschen Frauen zu lieben und Kinder mit ihnen haben zu wollen - eine beidseitige Anziehungskraft. Das ist kein Klischee, das ist einfach so.

Ihre Töchter Elizabeth und Georgia May sind beide im Modelbusiness. Welchen Schönheitsbegriff haben Sie Ihnen vermittelt?

Wir haben uns immer die ganzen alten Filmklassiker angeschaut mit Marlene Dietrich, Greta Garbo und May West - das sind beeindruckende Frauen mit Format und Glamour. Ich denke, das war eine stilprägende Vorbereitung auf die schillernde Fashionwelt, in der die beiden heute arbeiten.

Diese Glitzerwelt kann hart sein, das wissen Sie aus eigener Erfahrung. Wovor würden Sie Ihre Töchter warnen?

Die beiden machen einen Superjob, gerade habe ich Bilder von der Fashion Week in Paris gesehen, auf der sie gelaufen sind. Sehr hübsch, sehr professionell, ich bin stolz auf sie. Sie lieben ihre Arbeit und geben ihr Bestes. Sorgen muss ich mir um die beiden nicht machen. Wenn ich überhaupt einem meiner Kinder was raten würde, dann Georgia, sie arbeitet zu viel. Sie sollte sich wirklich mal ausruhen.

Hat Schönheit Schattenseiten?

O ja. Ich spiele zurzeit die böse Stiefmutter von Schneewittchen in London am Richmond Theatre. Und die ist bekanntermaßen krankhaft eitel - Schönheit kann also sehr gefährlich sein.

So gefährlich, wie beispielsweise Botox zu spritzen?

Absolut. Das ist doch Gift im Kopf. Hollywoodstars, die Botox injizieren lassen, tun mir wirklich leid. Ich finde, sie sehen danach wirklich dämlich aus.

Gilt das auch für Schönheitsoperationen?

Ja, ich halte Beauty-OPs für sehr bedenklich, und die Ergebnisse sehen doch meistens grotesk aus. Ich würde das niemals machen. Es genügt, wenn man sich einigermaßen fit hält, gut ernährt und eincremt. Ich sehe absolut nichts Falsches daran, würdevoll zu altern.

Apropos, Sie sind jetzt 58. Wie gehen Sie denn damit um?

Ich empfinde Altern als Leistung. Meine eine Urgroßmutter wurde 107, meine andere immerhin 97. Man kann wirklich stolz drauf sein, so lange so gut leben zu können. Aber ich denke auch, dass Frauen zurzeit eine Art Altersdiskriminierung erfahren. Ältere, weise Frauen sollten respektiert und bewundert werden für ihre Leistung und ihre Strahlkraft. Stattdessen wird jede neue Linie im Gesicht dramatisiert.

Was wünschen Sie sich ganz persönlich für die Zukunft?

Ich würde mich wirklich sehr über Enkelkinder freuen.

Ein Artikel aus BRIGITTE WOMAN 01/2015

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