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Das richtige Wasser zum Wein

Mit dem falschen Wasser kann man einen Wein verderben - ist das nicht übertrieben? Keineswegs sagt Sommelière Yvonne Heistermann.

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BRIGITTE-woman.de: Ist es nicht ganz egal, welches Wasser man zum Wein trinkt?

YVONNE HEISTERMANN: Im Gegenteil. Ein ungeeignetes Wasser kann Ihnen den Weingenuss kaputt machen!

BRIGITTE-woman.de: Auch im Empfinden eines Laien?

YVONNE HEISTERMANN: Natürlich! Aber Sie sind mit Ihrer Skepsis nicht allein. Meine Freunde, denen ich das erzählte, sagten meist: "Typisch Sommelière, diese Spitzfindigkeit!" Ich hab dann einfach mit ihnen gewettet. Und immer gewonnen...

BRIGITTE-woman.de: Was macht ein Wasser zum ungeeigneten Wasser?

YVONNE HEISTERMANN: Der Kohlensäuregehalt, der Mineralstoffanteil und die Herkunft. Diese Faktoren bestimmen nämlich den Geschmack eines Wassers. Je mehr Kohlensäure das Wasser hat, desto saurer und härter wirkt es im Mund. Je mehr Mineralien wie Natrium, Kalzium und Magnesium darin gelöst sind, desto kräftiger ist es. Und Wasser aus natürlichen Mineralquellen schmeckt feiner als anderes.

BRIGITTE-woman.de: Also serviere ich am besten zu jedem Wein stilles Wasser natürlichen Ursprungs?

YVONNE HEISTERMANN: Es gibt Weine, bei denen Sie auch damit völlig danebenliegen! Stilles Wasser wirkt zwar weich und neutral, weil es keine Kohlensäure enthält und oft mit einem relativ geringen Mineraliengehalt angeboten wird. Aber genau das kann einen Wein stören. Ich lasse die Leute immer selbst probieren, das ist am überzeugendsten. Am besten, Sie tun das auch. Hier ist ein deutscher Riesling ...

BRIGITTE-woman.de: ... der eine feine Säure hat, fruchtig und frisch schmeckt.

YVONNE HEISTERMANN: Genau. Jetzt trinken Sie mal dieses stille Wasser und dann noch einen Schluck Riesling. Na?

BRIGITTE-woman.de: Die Säure ist weg!

YVONNE HEISTERMANN: Richtig. Ein weiches Wasser macht den Wein flach, es nimmt ihm die Säure. Dabei ist die ja nun gerade das, was wir von einem frischen Weißwein erwarten. Nun trinken Sie mal einen Schluck Sprudel dazu.

BRIGITTE-woman.de: Jetzt ist der Wein zu sauer!

YVONNE HEISTERMANN: Das stark kohlensäurehaltige, harte Wasser intensiviert die Säure des Weins. Und jetzt ein Medium-Wasser.

BRIGITTE-woman.de: Das passt.

YVONNE HEISTERMANN: Finde ich auch. Die ausgewogene Mineralisierung und der mittlere Kohlensäuregehalt eines Medium-Wassers harmonieren sehr gut mit frischen Weißweinen. Umgekehrt aber vertragen tanninbetonte Rotweine am besten stilles Wasser. Denn Kohlensäure würde den bitteren Geschmackseindruck der Tannine zu sehr verstärken.

Welches Wasser passt zum Wein?

BRIGITTE-woman.de: Meinen geliebten Sprudel kann ich also vergessen?

YVONNE HEISTERMANN: Bloß nicht! Weine mit Restsüße, zum Beispiel Beerenauslesen oder Gewürztraminer, machen sich damit perfekt. Die wirken durch das kohlensaure Wasser nicht so ausladend. Und der Kontrast hat sogar noch eine erfrischende Wirkung.

BRIGITTE-woman.de: Was ist denn mit diesen schicken ausländischen Wässern, die viele Restaurants auf den Tisch stellen?

YVONNE HEISTERMANN: Die machen zwar viel Eindruck, aber wenig Sinn! Erstens zeugt ihr Einsatz von ökologischer Unvernunft: Wir haben in Deutschland genügend ausgezeichnete Mineralbrunnen, die mit jedem Weiß- und Rotwein mithalten können. Wir müssen kein Wasser aus Norwegen oder Italien einfliegen. Und zweitens passen diese modischen Mineralwässer eben auch nicht zu jedem Wein. Ich bin der Meinung, man sollte Wasser aus dem Land trinken, in dem man sich gerade befindet.

BRIGITTE-woman.de: Also italienisches Wasser in Italien, und möglichst nur da, und deutsches Wasser in Deutschland Und wie finde ich das richtige im Angebot vor Ort?

YVONNE HEISTERMANN: Probieren Sie einfach ein paar Produkte aus, und vertrauen Sie Ihrem eigenen Geschmack! Richtig Spaß macht eine Blindverkostung von verschiedenen Wässern zum Lieblingswein.

BRIGITTE-woman.de: Kann ich denn bei der Vorauswahl im Geschäft schon bestimmte Produkte ausschließen - oder muss ich mich durch das ganze Regal trinken?

YVONNE HEISTERMANN: Nein. Nehmen Sie kein Heil- oder Tafelwasser, sondern ausschließlich so genanntes natürliches Mineralwasser. Das stammt immer aus einer natürlichen unterirdischen Quelle, ebenso wie die darin enthaltene Kohlensäure, und hat eine feine geschmackliche Qualität. Schauen Sie vor dem Kauf auf die Analyse: Der Gehalt der einzelnen Mineralstoffe sollte nicht über 500 mg/l liegen, sonst wird das Wasser zu dominant.

BRIGITTE-woman.de: Warum kein Tafelwasser?

YVONNE HEISTERMANN: Es ist in der Regel nicht natürlichen Ursprungs, was den Geschmack beeinträchtigt. Und es wird oft mit künstlicher Kohlensäure versetzt - die wirkt im Mund derber als natürliche. Außerdem ist es nicht so gesund wie Mineralwasser.

BRIGITTE-woman.de: Heilwasser dagegen ist natürlichen Ursprungs und sehr gesund ...

YVONNE HEISTERMANN: ... hat aber aufgrund seines hohen Mineralienanteils häufig ein zu starkes Eigenaroma.

BRIGITTE-woman.de: Klingt kompliziert!

YVONNE HEISTERMANN: Ist es aber nicht. Viele Hersteller von natürlichen Mineralwässern bringen übrigens ihre Produkte gleich in drei Varianten auf den Markt: als stilles Wasser, Medium-Wasser und Sprudel. Sie müssen also nur einmal Ihr Lieblingswasser finden und können mit den drei Varianten jeden Wein begleiten.

BRIGITTE-woman.de: Auch ohne eine Sommelière an meiner Seite.

YVONNE HEISTERMANN: Ja. Übrigens ersetzt ein gutes Mineralwasser in anderer Hinsicht ebenfalls die Sommelière. Falls Sie den Eindruck haben, Ihr Wein habe Kork - gießen Sie einfach einen Schluck davon mit Mineralwasser auf und riechen Sie daran! Das Wasser verstärkt den eventuellen Korkgeruch, so dass Sie ihn selbst als Laie deutlich wahrnehmen können.

BRIGITTE-woman.de: Gibt es nicht ein Wunderwasser, das zu allem passt?

YVONNE HEISTERMANN: Doch. Wenn Sie unsicher sind, etwa, weil Sie den Wein nicht kennen, den Sie anbieten - reichen Sie ein Medium-Mineralwasser dazu. Das ist zwar nicht immer ganz optimal, aber es verfälscht den Wein auch nicht.

Interview: Katja Jührend Fotos: Fotolia, Thomas Neckermann

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