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Keime und Sprossen: Klein, zart und kraftvoll

Keime und Sprossen in einer Schüssel
© grafvision / Shutterstock
Frische Keime und Sprossen enthalten besonders viele Nährstoffe, die später einmal die Pflanze groß und stark machen sollen. Und das zarte Grün, Rot oder Gelb schmeckt auch noch köstlich!

Eigentlich logisch: Pflanzen haben keine Eltern, die sie päppeln. Deshalb müssen Pflanzensprösslinge alles, was sie zum Wachstum brauchen, in sich tragen: Proteine, Vitamine, Aminosäuren und Mineralstoffe. Nun könnte man meinen, das treffe auch auf Pflanzensamen zu. Aber, wie so oft in der Natur: So einfach ist das nicht. Denn die vielen Nährstoffe bilden sich erst beim Keimen - also durch den Kontakt des Samens mit Feuchtigkeit, Sauerstoff und Wärme. Dann allerdings vervielfachen sie sich innerhalb weniger Stunden: Bei bestimmten Sprossenarten etwa steigt der Vitamin-C-Gehalt in 72 Stunden um 700 Prozent.

Die Chinesen wussten das schon vor 5000 Jahren. Ein auf Heilkunde spezialisierter chinesischer Kaiser (dessen Schriften überliefert sind, eben weil er ein Kaiser war) empfahl Sprossen von Getreide, Hülsenfrüchten oder verschiedenem Gemüse gegen viele Krankheiten.

Keime und Sprossen waren lange in Vergessenheit geraten

Vor 200 Jahren dämmerte auch Ärzten in Europa, dass Keimlinge irgendwie gegen die gefürchtete Vitamin-C-Mangelkrankheit Skorbut helfen - man nahm an, es liege am sauren Grundcharakter der Pflänzchen. Was nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig war und deshalb dazu führte, dass die Sprossen wieder in Vergessenheit gerieten. Im Ersten Weltkrieg setzte ein britischer Militärarzt, immer auf der Suche nach einem möglichst preiswerten Mittel gegen Vitaminmangel, das zarte Grün auf den Speiseplan seiner Soldaten. Und beobachtete, dass die Keimlinge wesentlich besser gegen Skorbut wirkten als der ungleich teurere Zitronensaft. Der Grund: Gegen den Vitamin-C-Gehalt von Sprossen nimmt sich der von Zitrusfrüchten geradezu armselig aus.

Und nicht nur das: Auch B-Vitamine, Eisen, Zink, Kalium, Kalzium oder Magnesium bietet das junge Grün in Fülle. Was besonders für Vegetarier erfreulich ist, die sich diese Stoffe nicht aus fleischlicher Kost holen können.

Dennoch dauerte es fast noch ein Jahrhundert, bis Sprossen endlich ihr "Gesund, aber nicht lecker"- Image los wurden. Warum eigentlich? Sprossen schmecken ganz wunderbar. Denn sie enthalten nicht nur die Nährstoffe der Pflanze, zu der sie mal werden sollen, sondern auch deren Geschmacksstoffe. Allerdings in zarter Form, als vornehme Andeutung gleichermaßen: Ein Salat mit Rote-Bete-Sprossen zum Beispiel ist feinaromatisch, ein Brot mit Zwiebelsprossen schmeckt herzhaft, aber nicht penetrant, und die knackigen Mungbohnensprossen werden sogar von Bohnen-Skeptikern akzeptiert. Und falls Geschmack und Gesundheit noch nicht überzeugt haben: Das Selberziehen von ein paar kleinen Grünlingen auf der Fensterbank macht richtig Spaß! Wir verraten, was ihr beim Sprossen ziehen beachten müsst.

Sprossen in der Küche

Einkauf: Sprossen müssen knackig und trocken sein und frisch riechen. Sie sollten möglichst bald gegessen werden. Wer sie noch lagern muss, macht das am besten in der Originalverpackung im Kühlschrank - aber nicht länger als einen Tag.

Zubereitung: Ganz frische Sprossen müssen nicht verlesen werden. Sind sie etwas älter, sollte man braune und schlappe Pflänzchen aussortieren, ebenso die nicht aufgegangenen Samen. Anschließend die Sprossen heiß abspülen. Hülsenfrucht sprossen wie z. B. die von Mungbohnen (auch Mungobohnen genannt) enthalten Enzyme, die sie vor Schädlingen schützen, aber die Eiweißverdauung des Menschen beeinträchtigen können. Deshalb sollten sie einmal kurz in kochendes Wasser und anschließend in Eiswasser getaucht werden, das zerstört diese Enzyme.

Sprossensorten

Alfalfasprossen (Luzernenklee): Sie enthalten wie alle Sprossen viel Vitamin A, B2, C, D und Niacin. Außerdem viel Magnesium, Eisen und alle acht essenziellen Aminosäuren, Protein, Chlorophyll. Geschmack: mild-herb. Besonders gut für Salate, als Topping für Fischgerichte und als Brotbelag.

Brokkolisprossen: Wie alle Kohlgewächse enthalten sie krebshemmende Schwefelverbindungen. Geschmack: feinwürzig, leicht nach Brokkoli. Besonders gut für alle Gemüsegerichte, Fisch und Salate.

Erbsenspargelsprossen: Liefern alle acht essenziellen Aminosäuren, viel Vitamin B1, B2, Niacin, B6 sowie Zink und Eisen. Geschmack: mild-süßlich, ein bisschen wie grüner Spargel. Besonders gut für Eiergerichte, Salate oder auf dem Sandwich.

Linsensprossen: Reich an B1, B2, Niacin, Folsäure, Zink und Eisen. Geschmack: feinaromatisch. Besonders gut für Aufl äufe, Eintöpfe und Pfannengerichte.

Mungbohnenkeimlinge: Sie enthalten viel Vitamin A, B1, B2, B3, B12, C und E. Außerdem Eisen, Kalium, Kalzium, Magnesium und Phosphor. Geschmack: mild und knackig. Besonders gut für Pfannengerichte, Suppen und Salate.

Rettichsprossen: Wegen ihrer schwefelhaltigen ätherischen Öle mit hohem Senfanteil wirken sie antibakteriell und krebshemmend. Geschmack: scharf, etwas nach Senf. Besonders gut für Salate, auf Schafkäse und für Wokgerichte.

Rote-Bete-Sprossen: Enthalten besonders viel Folsäure. Geschmack: aromatisch, leicht erdig. Besonders gut für Salate und Gemüsegerichte. Wegen ihrer dekorativen tiefroten Farbe ideal zum Garnieren.

Rote Rettichsprossen: Wie die Rettichsprossen antibakteriell und krebshemmend. Geschmack: senfartig, frisch, mild bis scharf. Besonders gut zu Schinken.

Zwiebelsprossen: Wirken antibakteriell, stärken das Immunsystem. Geschmack: erfrischend, kräftig. Besonders gut für Fischund Fleischgerichte, für belegte Wurst- und Käsebrote.

Sprossen selbst ziehen

Das dauert, je nach Sorte, zwei bis sechs Tage. Geeignete Keimsaaten in Bio-Qualität, Keimgläser und -geräte bekommt man in Naturkostläden und Reformhäusern. So geht's ganz einfach im Keimglas:

1. Tag: Etwa 2 EL keimfähige Samen, zum Beispiel Mungbohnensamen, in ein Keimglas geben. Glas zur Hälfte mit kaltem Wasser füllen und die Samen 12 Stunden einweichen. Die ersten Samen platzen jetzt schon auf.

2. Tag: Die Keime sind bereits sichtbar. Einweichwasser wegschütten. Zweimal täglich Wasser in das Glas füllen und durch den Siebdeckel wieder ausschütten. Das Glas zum Abtropfen auf den Deckelständer stellen.

3. Tag: Wie oben beschrieben wieder zweimal täglich spülen und im Glas ab tropfen lassen. Vorgang bis zum letzten Tag wiederholen (die jeweilige Keim dauer ist auf der Packung angegeben).

Letzter Tag: Die Sprossen noch mal spülen, dann können sie gegessen werden.

Text: Katja Jührend, Alma Westphal

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