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Käse-Herstellung Das macht Käse unwiderstehlich

Für die richtige Käse-Herstellung braucht man Gefühl und Geduld. Ulrike Langer, eine der wenigen Käse-Affineurinnen Deutschlands, hat beides und gibt Tipps.

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Wellness für den Käse

Ulrike Langers Arbeitsplatz ist angenehm dunkel und kühl. 21 Treppenstufen führen hinab in das unterirdische Gewölbe. Ein eigenartiger Duft liegt hier in der Luft: etwas muffig, erdig und sehr, sehr würzig.

Einmal pro Woche ist Waschtag im Gewölbe. Dann legt die 56-Jährige die Käselaibe, die hier lagern, in die Wanne. Nimmt jeden einzelnen in die Hand und schrubbt ihn vorsichtig ab. Das Waschwasser enthält Salz, manchmal auch Zusätze wie zum Beispiel einen Kräutersud. So werden die Munster, Langres, Maroilles mit der Zeit zu Spitzenprodukten für Gourmets. Denn Ulrike Langer ist eine Käseveredlerin, im Fachjargon: eine Affineurin.

Eine gute Käse-Herstellung braucht viel Zeit

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In Frankreich, dem Mutterland des guten Käses, ist das ein gängiger Beruf. Hierzulande weiß kaum jemand, was eine Affineurin macht; nur eine Handvoll davon gibt es in Deutschland. Ulrike Langer hat ihr Feinkostgeschäft im mittelalterlichen Mögeldorf, einem Stadtteil von Nürnberg. Dort bekommt sie wöchentlich meist von Hand gefertigte Käse aus Frankreich, Italien, der Schweiz, Österreich, England, Holland und Deutschland angeliefert. Die sind noch ganz jung und mild im Geschmack. Und hier setzt ihre Arbeit an: das Reifenlassen und das Verfeinern jedes einzelnen Käses.

Ulrike Langer verwendet hauptsächlich so genannte Rohmilchkäse. Sie werden aus Milch gemacht, die zuvor langsam auf etwa 37 Grad erwärmt wurde - bei herkömmlichem Käse dagegen wird die Milch schnell auf über 70 Grad erhitzt (pasteurisiert). Durch das schonende Erwärmen bleiben im Rohmilchkäse jene wichtigen Mikroorganismen erhalten, die für die Reifung und das Aroma zuständig sind. Denn wie guter Rotwein müssen auch viele Käse wochenlang, mitunter sogar jahrelang liegen, bevor sie richtig gut schmecken. Ideal für die Lagerung sind 90 Prozent Luftfeuchtigkeit und relativ kühle Temperaturen um zehn Grad.

Wenige Meter von ihrem Gechäft entfernt, im Schmausenschloss, hat Ulrike Langer einen Sandsteinkeller aus dem 18. Jahrhundert angemietet, der solche Bedingungen bietet. Abgesehen von den heißen Sommertagen herrschen dort zehn bis zwölf Grad, im Winter kann es manchmal vier Grad kalt werden. "Da muss ich dann nach meiner Arbeit sehr lange heiß duschen, um mich wieder aufzuwärmen!"

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Rund 300 große und kleine Laibe lagern auf Holzregalen in dem 3,50 Meter hohen Gewölbe. Durch das regelmäßige Waschen bleibt die Rinde elastisch und geschlossen. Durch das anschließende Wenden wird die Käsemasse gleichmäßig verteilt und kann so ausgewogen durchreifen. Ulrike Langer holt einen Gouda aus Nordholland aus dem Regal: "Dieser hier ist schon seit drei Jahren bei mir im Keller!" In der Zeit hat der Käse Molke verloren und damit Flüssigkeit, ist würziger und fester geworden.

Manchen Käsesorten genügt das normale Wellnessprogramm. Andere aber umhüllt die Affineurin noch mit duftenden Kräutern, reibt ihre Rinde mit Balsamico oder Alkohol ein: Portwein ist darunter, Marc de Bourgogne, Birnen-, Apfel- oder Bierschnaps. Ulrike Langer zeigt auf einen quaderförmigen Allgäuer Backsteinkäse. Der wird alle sieben Tage mit kräftigem Bierschnaps eingestrichen - und zwar so lange, bis er in der Papiertüte des glücklichen Käufers landet.

Die Käse-Herstellung brachte sie sich selbst bei

Ulrike Langer, gelernte Industriekauffrau, war 27 Jahre alt, als sie den kleinen, holzvertäfelten Lebensmittelladen in Mögeldorf von ihren Eltern übernahm und daraus ein Feinkostgeschäft machte. Sie heiratete, wurde Mutter. Ihre Tochter ging mit der Tochter eines Käsehändlers in eine Klasse. "Er hat uns zu sich eingeladen, und da habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Rohmilchkäse gekostet." Das war die Initialzündung! Ulrike Langer wollte noch viel mehr über dieses faszinierende Lebensmittel wissen. Sie besuchte Seminare, reiste durch Frankreich und Italien und probierte in jeder Region, was die Märkte hergaben. Sie baute Kontakt zur französischen Guilde des Fromagers auf - einer Vereinigung, die sich um die Bewahrung und Weitergabe der alten Käsekunst kümmert. Sie las Regale voller Fachliteratur, schaute Käsemachern über die Schulter, tauschte sich aus. Die Kunst der Affinage, der Veredelung, brachte sie sich schließlich selbst bei. Doch ihre Begeisterung sprang nicht sofort auf die Kunden über. "Am Anfang war es wirklich schwer, sie zu überzeugen!" In Deutschland kannte man zu der Zeit gerade mal jungen Gouda oder Scheiblettenkäse.

Bei ihr bestellen Spitzenrestaurants

Heute kommen Käseliebhaber aus dem In- und Ausland zu Ulrike Langer und ihrer Mitarbeiterin Roswitha Wassermann in den Feinkostladen. Auch Spitzenrestaurants bestellen aus ihrem Sortiment mit 150 Produkten.

Draußen in ihrem kleinen blumenreichen Garten hat Ulrike Langer ein Tischchen und ein paar Stühle aufgestellt. Aus dem kühlen Sandsteinkeller holt sie einen Teller mit Kostproben herauf. Einen Epoisses, den sie mit Boscopbrand verfeinert hat, einen Ziegenkäse mit Kräutermantel, einen Raclette, mit Weißwein eingerieben, einen 17 Monate lang gereiften Comté, einen Langres, den sie mit Birnenschnaps veredelt hat. Wer davon auch nur ein einziges Mal probiert hat, kommt immer wieder.

Käseseminare bei Ulrike Langer

Ulrike Langer veranstaltet Seminare zu verschiedenen Themen wie "Käse aus Italien" oder "Süßes oder Saures - Was isst man zu welchem Käse?". Die Seminare kosten 45 Euro (Wein und Brot inbegriffen), dauern drei Stunden, und am Schluss gibt es eine Führung durch den Käsekeller im Schmausenschloss. Auch ein Exklusivseminar zu einem selbst gewählten Thema kann man buchen. Weitere Informationen dazu auf Ulrike Langers Homepage unter www.feinkost-langer.de

Käse richtig aufbewahren

Käse lagert optimal im Gemüsefach des Kühlschranks bei etwa acht bis zehn Grad. Idealerweise wird Käse im gewachsten Einschlagpapier aus dem Geschäft aufbewahrt. Ist der Käse eingeschweißt, entfernen Sie die Folie und wickeln Sie die Stücke in Butterbrotpapier. Eine Stunde vor dem Verzehr sollte er aus dem Kühlschrank genommen werden. Käse lässt sich auch, eingeschlagen in ein trockenes Leinentuch, an einem kühlen Platz aufbewahren. Oder in einem angefeuchteten unglasierten Tontopf bzw. unter einer Tonglocke (Glasglocken lassen Feuchtigkeit nicht verdunsten).

Text: Brigitte Jurzcyk Fotos: Thomas Neckermann

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