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Urlaub auf Paros: Ein Zauber, der ein Leben lang währt

Urlaub auf Paros: Ein Zauber, der ein Leben lang währt
© Dörthe Hagenguth
Urlaub auf der griechischen Insel Paros ist für BRIGITTE-WOMAN-Mitarbeiterin Alexandra Senfft der Ruhepol in ihrem Leben. Hier erklärt sie, warum.

Sonnenstrahlen kitzeln meinen Fuß, der unter dem Bettlaken hervorlugt. Verschlafen blicke ich durch das geöffnete Fenster auf die Hügel der Kykladeninsel Paros. Plötzlich fegt mir etwas Weiches durchs Gesicht und weckt mich endgültig: vier vollhaarige Griechen in meinem Zimmer! Der Jüngste davon wedelt an meinem Bett und sieht mich erwartungsvoll an: "Ella, pame, los geht's, raus aus den Federn!", scheint er zu sagen. Unsere Paros-Hunde wollen in den Garten.

Mit einem Cappuccino setze ich mich auf die Stufen und beobachte ihre morgendliche Erkundungstour unter den Olivenbäumen. In der Ferne kräht ein Hahn, Ziegenglöckchen bimmeln dazu. Palmenblätter rascheln, und eine leichte Brise streichelt meine Schultern. Ein traumhafter Tag beginnt.

Ich denke an meine erste Reise nach Griechenland. Es war 1974 und die Militärdiktatur gerade gestürzt. Zwischenhalt Athen: Ein Schwarz-Weiß-Foto erinnert an unseren Besuch auf der Akropolis. Meine Großmutter schritt stolz vorneweg, dahinter meine Mutter in Minirock, Stiefeln und mit Sonnenbrille wie ein Filmstar. Etwas missmutig schlurfend kamen dann ich und am Ende des Gänsemarschs mein jüngerer Bruder Heiner. Für unser Reiseziel Paros interessierte ich mich noch wenig, als 13-Jährige beschäftigten mich ganz andere Dinge. Ich ahnte damals nicht, dass diese Kykladeninsel mich verzaubern und lebenslang prägen würde.

Im malerischen Hafen- und Fischerort Naoussa mieteten wir eine Wohnung. Touristen gab es damals nicht mehr als ein Dutzend, und das Nachtleben spielte sich hier in der einzigen Taverne ab. Die Griechen tanzten Sirtaki und Chasapiko, es wurde geschnalzt, geklatscht und "Opah!" gerufen. Zuschauer zerschmetterten Teller am Boden, um die Tänzer anzufeuern. Und mir stockte der Atem: Als Hamburger Teenager, das unterkühlt Hanseatische gewohnt, war diese Sinnlichkeit, diese Hingabe faszinierend.

So hatte mich das Leben zuvor noch nicht berührt. Für meine Mutter, Jahrgang 1933, bot die Insel die Gelegenheit, ein verspätetes hippieähnliches Dasein zu führen - fern der Konventionen ihrer Eltern und scheinbar frei von den Lasten der Vergangenheit. Von nun an kehrten wir jeden Sommer nach Paros zurück, das sich zu meiner zweiten Heimat entwickelte.

Unglaublich, wie beschäftigt man im Urlaub sein kann!

Mein Telefon klingelt. Es ist Irene, meine Freundin. "Wann treffen wir uns im Hafen?", will sie wissen. Täglich haben wir Einladungen und neue Pläne, es ist unglaublich, wie beschäftigt man im Urlaub sein kann! Heute wollen wir mit unseren Kindern eine Bootstour auf der "Michael Zeppos" rund um die Insel machen.

Es ist höchste Zeit, Magda, 18, und David, 16, zu wecken. Die vierte Generation, die diese Insel besucht, schlummert noch selig in den Kissen. Meine beiden Teenager sind grantig, weil ich sie aus dem Schlaf reiße. Daran kann auch das tobende, freudig wedelnde Rudel - alles Straßenhunde, die wir über die hiesige Hilfsorganisation PAWS in unsere Familie aufgenommen haben - einstweilen nichts ändern.

Doch schließlich sitzen wir alle im Auto und fahren nach Naoussa. Erster Halt beim Bäcker (Schokocroissant für die Kinder kaufen), kurzes Hallo beim Krämer (dessen Besitzer führten früher das erste Kafenion am Ort, in dem mein Bruder und ich unermüdlich Backgammon spielten und Reispudding sowie Joghurt mit Honig löffelten), Freunde winken am Wegesrand, wollen plaudern. Dimitris Triantafillos erwartet uns bereits am Hafen auf seinem "Kaiki", einem ehemaligen Fischerboot, das er für Inselrundfahrten bequem umgebaut hat.

Urlaub auf Paros: Ein Zauber, der ein Leben lang währt
© Dörthe Hagenguth

Kurz darauf erscheint Irene mit ihrem australischen Mann Peter und den 15-jährigen Zwillingen Zoe und Elina. Irenes Eltern stammten aus Hamburg und Holland und gehörten zu den ersten Ausländern, die auf die Insel kamen. Sie bauten in den 60er Jahren ein weißes, großzügiges Sommerhaus direkt am Meer. Eines späten Abends, während die Erwachsenen beeindruckende Mengen von Retsina tranken und engagiert über das Leben diskutierten, gingen wir beiden Mädchen zum Strand. Wir hatten Lichter gesehen und waren neugierig. Es waren vier Fischer, die im Wasser watend Oktopoden jagten. Sie begrüßten uns, und wir folgten ihnen auf ihrer nächtlichen Tour entlang der Küste. Die Lampen und der Mond leiteten uns, das Meer war unsere Vertraute. Ich fühlte mich verbunden mit der Natur, mit dieser Insel und ihren Einwohnern. Und mit Irene, die zur lebenslangen Freundin wurde. Ist es ein Wunder, dass ich mich einige Jahre später in einen Fischer verliebte und mein erster Freund ein Grieche war?

Ich sitze am Bug und lasse mir vom Wind die Haare zerzausen.

Kaum an Bord, legen wir ab. Ich sitze am Bug und lasse mir vom Wind die Haare zerzausen. Die hohen Wellen nehmen uns auf, Gischt spritzt erfrischend ins Gesicht. Nahe Santa Maria, einem der vielen Sandstrände von Paros, gehen wir vor Anker. Die Kinder springen sofort vom Boot ins türkisfarbene Wasser, ich wage etwas später einen Kopfsprung. Dimitris taucht derweil und fängt Seeigel, die zu den anderen Meeresfrüchten und Salaten serviert werden.

Dazu gibt es Wasser und einen kühlen Weißwein (hervorragende griechische Weine lassen den Retsina schon lange vergessen). Essen, schwimmen, reden, dösen: Am späten Nachmittag geht es wieder heim nach Naoussa. Die Sonne sinkt und wirft ein orangepurpurnes Licht auf den Ort, die große orthodoxe Kirche mittendrin in der Kulisse. Dieses Licht der Ägäis! Es ist für mich das schönste dieser Welt.

Nachdem wir am Hafen festgemacht haben, trinken wir noch gemeinsam einen Sundowner in unserer Lieblingsbar "Kosmos", in einer der hübschen Seitengassen gelegen. Die Teenager streifen durchs Dorf - mal sehen, was die Szene heute so zu bieten hat. Meine Kinder lernen ein ganz anderes Paros als ich kennen, modern und mit allen Vorzügen, die der Tourismus bietet. Ich kenne die Insel noch aus Zeiten, als es außerhalb des Dorfes keinen Strom und kein fließendes Wasser gab.

Mir bietet Paros ein Ruhepol in meinem hektischen Autoren-Alltag.

Für mich als Stadtkind waren es elementare Erlebnisse, nachts mit Kerzen und Öllampen Licht zu machen und mich mit dem Wasser aus der Zisterne zu waschen. Damals hatten wir auch kein Telefon. Unser Leben war hier auf das Wesentliche reduziert. Wir saßen oft schon nachmittags in der Taverne, rezitierten Gedichte oder sangen gemeinsam Leonard Cohen, Bob Dylan und griechische Lieder. Ein Freund aus Dublin brachte mir Gitarrengriffe und irische Balladen bei, die Dichter und Schriftsteller inspirierten mich mit ihren Worten.

Meine Mutter baute Ende der 70er Jahre ein Haus, fernab von Naoussa. Wie vorausschauend von ihr! Denn in den 80er Jahren brach der Tourismus über die Insel herein. Plötzlich strömten im Sommer viele fremde Menschen durchs Dorf. Anstelle von Gitarren, Gesang oder Gedichten gab es nun Bars, zahllose neue Lokale und Hotels in unserem Idyll. Autos verdrängten die Esel und Handys oft das persönliche Gespräch. Seitdem hört man nur noch selten griechische Volksmusik, stattdessen schallt nachts Popmusik durch die Gassen.

Meine Mutter und Irenes Eltern leben schon lange nicht mehr; hinterlassen haben sie uns und unseren Geschwistern jedoch ihre Häuser voller Erinnerungen und ein soziales Netz, das sich über die Generationen weiterwebt. Wir waren immer auf der Suche nach Freundschaften und der Natur. Bis heute kann sich keiner von uns der Intensität dieser Insel entziehen. Mir bietet Paros zudem ein Ruhepol in meinem hektischen Autoren-Alltag.

Die Kinder kommen von ihrer Dorfrunde zurück. Bald sind sie so weit, wie seinerzeit Irene und ich, nachts in die Diskothek zu gehen. Damals ließ sich Irene von ihrem Esel transportieren, der geduldig vor der Disco angebunden auf sie wartete, bis sie sich ausgetanzt hatte! Nun aber wollen wir nach Hause fahren - mit Anfang 50 sind wir nicht mehr so nachtaktiv wie früher. Es dauert, bis die Badetaschen gefunden und alle verabschiedet sind. Meine Kinder laufen das letzte Stück Weges zu Fuß, ich besuche auf dem Heimweg noch meine Nachbarn, die Familie von Christos Zoumis - alteingesessene Landwirte, die ich seit Langem kenne.

Sie begrüßen mich herzlich und servieren griechischen Kaffee und getrocknete, in Sesam gehüllte Feigen. Ich liebe diese Gastfreundschaft! Bevor ich gehe, holt Maria, die Frau von Christos, Gemüse aus ihrem Garten und gibt noch eine Flasche des eigenen Weins dazu. "Kalinichta", sagt sie, gute Nacht, und nimmt mich zum Abschied in die Arme. Wir lassen den Tag auf der Terrasse ausklingen, ermüdet von Wind und Wasser. In der Ferne hören wir die Hunde der Bauern bellen, Grillen singen immer noch inbrünstig. Naoussas Lichter funkeln unten am Meer. Kein Urlaub ohne einen Besuch im "Alkioni - Aegean Wildlife Hospital" für verletzte Vögel und andere Tiere. Direktor Marios Fournaris empfängt uns am Eingang. "Heute dürft ihr drei geheilte Bussarde entlassen", sagt er lächelnd und führt uns zu den Volieren.

Aufgeregt nehmen wir die scheuen Wildvögel sachte, aber fest in unsere Hände. Sie beben und zucken mit den Flügeln, es ist nicht einfach, sie zu halten. Vorsichtig tragen wir sie zum Flamingo-Teich und bleiben stehen. Marios flüstert fast und beginnt zu zählen: "Eins, zwei - auf drei!", und wir öffnen die Hände. Die Bussarde breiten ihre großen Schwingen aus, erheben sich filmreif in den Himmel und schweben auf die Berge zu. So fühlt sich Freiheit an. Hier und jetzt und auch die nächsten Jahre auf Paros, meiner Insel.

Paros - Tipps und Lieblingsadressen

Hotel Petres. Familiär geführtes, umfassend renoviertes Hotel mit sehr guter Ausstattung (Swimmingpool, Tenniscourt) in ländlicher Lage und Laufweite von Meer und Naoussa. Dieses Jahr feiert das Inhaberpaar Clea und Sotiris Chatzinikolakis 20-jähriges Jubiläum! DZ/F ab 78 Euro (Tel. 00 30/228 40/524 67, www.petres.gr).

Taverna Thea. In wunderbarer Lage direkt am Meer bei Pounta gibt es hier auf weiß gedeckten Tischen die würzige nord-ost-griechische Küche und erstklassige Weine. Der Wirt ist absoluter Musikkenner, zu später Nachtstunde erklingt auch mal ein Walzer (Tel. 228 40/912 20).

Soso Restaurant. Im alten Zentrum von Naoussa, in einer mit Bougainvilleen bewachsenen Gasse, liegt dieses nette kleine Lokal. Kalypso zaubert in der winzigen Küche leckere mediterrane Gerichte, die ihr Mann Petros, ein gebürtiger Pole, serviert (Tel. 69/74 87 82 81).

KosmosBar. Der Inseltreff mit den besten Drinks, in schöner Lage unterhalb der Hauptkirche von Naoussa am Meer. Spezialität: Mojito.

Bootsfahrt. Zauberhafte Tagestour ab Naoussa um Paros und Anti-Paros herum, mit Schwimmpausen, köstlichem Mittagessen mit Wein und Softdrinks an Bord und Sundowner bei der Rückkehr. Charterpreis je nach Gruppengröße ab ca. 60 Euro/Person (Dimitris Triantafillos, Tel. 69/47 81 71 25).

Alkioni - Aegean Wildlife Hospital. Flamingos, Mönchsgeier oder Eleonorenfalken: In der Vogelklinik kann man viel über das ungewöhnliche und reiche Wildlife in der Ägäis erfahren, als Volontär/-in arbeiten und als Förderer aktiv werden (Kamares, Naoussa, Tel. 228 40/229 31).

Paros Animal Welfare Society PAWS. Die Tierhilfe von Paros hat allein im vergangenen Jahr 200 ausgesetzte Hunde und 50 Katzen vermittelt, überwiegend nach Deutschland. Finanzielle und praktische Hilfe ist stets willkommen (Kontakt: Barbara Bürki, Tripiti, Tel. 00 30/69/76 32 20 76). Naturwanderpfad. Traumhafte Spaziergänge auf angelegten Naturpfaden über die Hügel, z. B. bis zum Leuchtturm oder an diverse versteckte Strände. Startpunkt ist das Kloster von Kolymbithres, erreichbar mit dem Boot von Naoussa oder mit dem Auto, für Wanderer auch problemlos zu Fuß zu erreichen (Tel. 228 40/535 73).

Text: Alexandra Senfft BRIGITTE WOMAN 08/2013

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