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Noch ein Glas Portwein, Senhora?

Reisen Sie doch mal luxuriös durch Portugal. In den Herrenhäusern im Norden öffnen adelige Bewohner ihre Tore für Gäste. Die Einblicke in ihre Welt sind inklusive.

Senhora Malheiro begrüßt uns mit vielen Regenschirmen und noch mehr Entschuldigungen vor der Freitreppe ihres Anwesens Casa das Torres. "Ach, das tut mir Leid für Sie - Ende Mai und keine Sonne. Die letzten Wochen waren so schön heiß." Mir macht das nichts. Ich mag es, wenn es etwas kühler ist, und ich mag Regen. Meine Sorgen sind eher anderer Natur. Mit mir zu reisen ist nicht leicht. Das muss ich zugeben. Nicht, weil ich launisch oder kränklich wäre, sondern weil ich gewisse Dinge ganz schlecht ertragen kann, Energiesparbirnen in Nachttischlampen zum Beispiel, schaurige Tapeten und weinende Clowns überm Bett, Gartenstühle aus Plastik. Darum habe ich auch immer ein Erste-Hilfe-Köfferchen bei mir mit Kerzen, Laken und Stoffservietten. Auch diesmal. Aber diesmal sollte alles anders werden. Ich war im Norden Portugals unterwegs, kehrte ein in wundervolle Anwesen mit bezahlbaren Zimmern. Da war mir das "Notfall-Set" schon fast peinlich.

Senhora Margerida Malheiro, rund, klein und schick, zeigt uns die Gästezimmer. Aufatmen. Alles fein. Große Balkontüren, Holzläden an den Fenstern, Mauerwerk statt Tapete, wenige kostbare Möbel. Auf der Kommode eine Karaffe mit Portwein, Gebäck und Blumen aus dem Garten. Willkommen in Portugal. Zu essen gibt es an diesem Abend nichts. Gekocht wird "erst, wenn man sich schon ein bisschen kennt", sagt die Hausherrin kategorisch. Immerhin empfiehlt sie gestenreich ihr Lieblingsrestaurant, direkt am Fluss Lima.

Mitten im Paradies

Die Herrenhäuser in Portugal sind wie ihr Ausblick: wunderschön

Am Abend reißt der Himmel auf. Ponte de Lima liegt vor uns und verzaubert vom ersten Moment an. Eine kleine mittelalterliche Stadt mit kopfsteingepflasterten Straßen, schiefen Häusern, vielen Restaurants, schönen Schuhgeschäften, hier und da einer Weinhandlung. Vom sandigen Ufer des Lima führt eine steinerne Fußgängerbrücke aus der Römerzeit auf die andere Seite, blühende Gärten schmiegen sich bis ans Wasser. Das erste Glas Wein, ein kräftiger Roter aus dem Minho, der grünen Provinz, die wir bereisen. Wir essen Salat und Hühnchen, einfach und köstlich. Zur Nationalspeise Bacalhau fehlt uns jetzt noch der Mut - in Salz getrockneter Kabeljau, der auf 327 Arten zubereitet werden kann und 24 Stunden in Milch oder Wasser liegen muss. Böse Zungen sagen, da könne er auch bleiben.

Wachwerden in dieser Stille ist mindestens so schön wie Einschlafen. Vom weißen gestärkten Kopfkissen aus fällt der Blick durch einen Buchsbaumbogen über den Pool in die weite Landschaft. Wir schlendern durch den Garten. Bougainvillea-Büsche mit rosa Blüten, Mandarinenbäume, Weinreben. Direkt am Haus führt ein Stück Pilgerpfad nach Santiago de Compostela in Nordspanien.

"Casa das Torres" ist ein mächtiges Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert mit der schönsten aller Küchen: schwarzweißer Steinboden, Holztisch, Terrazzo-Waschbecken, riesige offene Feuerstelle. Die Senhora kocht Kaffee und erzählt. "Seit sieben Generationen gehört dieses Haus der Familie, es zu erhalten kostet Geld, viel Geld. Vor 30 Jahren hatten wir noch nicht einmal ein Bad." Sie rollt die Augen.

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Die Rettung brachte der Tourismus. "Die Regierung gab uns Geld, damit wir unsere Häuser sanieren konnten. Bedingung: Wir müssen sie für Fremde öffnen." Ist doch eine gute Idee, sagen wir. "Jaja", sagt Senhora Malheiro, "das hatte hier nur noch kein Mensch gemacht. Mein Mann war entsetzt, aber ich war gleich begeistert. Und hier im Minho, müssen Sie wissen, haben die Frauen die Macht." Sie lacht. "Wir sind die Säulen der Gesellschaft. Sie verstehen?"

Man kann sich lebhaft vorstellen, wie für sie und ihren Manuel damals ein neues, ungewohntes Zeitalter anbrach, aber kein schlechtes. Seit 1982 teilen die Malheiros ihr Haus nun schon mit Gästen - wie viele andere Adlige, denen die Kosten für den Unterhalt ihrer Anwesen über den Kopf wuchsen. In der Organisation "Solares" haben sie sich zusammengeschlossen und bieten den Touristen Zimmer mit Familienanschluss statt Fernseher und Minibar.

Je ländlicher, desto sympathischer ist Portugal

Der Charme der Besitzer ist so individuell wie die Häuser. Man lernt schnell, welche Regeln hier gelten, wer das Sagen hat im Haushalt - und dass die Algarve ein Reizthema ist. "Warum wollen immer alle an die Algarve?" Senhora Malheiro schüttelt den Kopf. "Hier gibt es doch alles!" Stimmt. Sogar Strände, aber die braucht man gar nicht, denn zum Baden gibt es die Flüsse mit ihren breiten, sandigen Ufern.

Wir fahren über bucklige Straßen, an deren Mauern Blumen blühen, vorbei an Wiesen mit Klatschmohn, immer wieder Weinstöcke. Auf kleinen Bauernmärkten probieren wir Natas, mit Vanillecreme gefüllte Blätterteigtörtchen. Je ländlicher, umso sympathischer wird alles, auch die Preise. Ein Espresso kostet 70 Cent, ein Glas Wein gerade mal einen Euro. Wir kommen durch verschlafene Dörfer, in deren Mitte, gleich neben der Kirche, Frauen an Steinbecken stehen und Wäsche walken: die "Lavdouros publicos", öffentliche Waschhäuser.

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Nur ein paar Kilometer weiter und doch in einer anderen Welt empfängt uns Conde Francisco Calheiros mit großer Geste auf seinem Anwesen Paço de Calheiros. Er wirkt wie Ludwig XIV. im Blazer, und sein Haus könnte durchaus als Schloss an der Loire durchgehen. Vor dem Eingangsportal steht ein Oldtimer, von dem er genauso begeistert ist wie von seinen Pergolen, Terrassen und sich selbst.

Die Mittagshitze flirrt. Der Graf erklärt. "Der Pool liegt ein Stück höher, wissen Sie, ich möchte in einem Haus aus dem 17. Jahrhundert nicht auf eine moderne Errungenschaft schauen." Tennisplatz und Pool sind darum außer Sichtweite. Dabei sind sie gar nicht so hässlich und haben - natürlich - Panoramablick über die Gärten ins Lima-Tal. Wir nehmen Platz, ein Dienstmädchen bringt Weißwein, Oliven, Salami, Bauernkäse und Brot. "Abends wird im Rittersaal gegessen", kündigt Calheiros an. Wenn man nur zu zweit ist, vielleicht ein bisschen einsam? Zur Not isst der Graf eben mit. Und erzählt beim Essen gern einige Familiengeschichten.

Den Rittersaal verpassen wir. Wir wollen nach Barcelos, einer mittelalterlichen Stadt mit jüdischem Viertel, berühmt für seinen Markt. Der ist riesengroß und ein Paradies für Törtchen-Fans. Man könnte hier in Vanillecreme baden. Daneben verkaufen Bäuerinnen in Schürze und Gummistiefeln Tomaten, Zucchini, Kartoffeln, Zwiebeln.

Zurück auf der Landstraße geraten wir ins Träumen, den Kopf noch voll von Bildern aus dem Douro-Tal, der Heimat des Portweins. Wie der Fluss sich an Wiesen, sanften Hügeln und rebenbewachsenen Steilhängen vorbeischlängelt, wie er in der Sonne glitzert.

Doch die Realität hat uns schnell wieder. Plötzlich Hochhäuser, Eisenbahnbrücken, tosender Verkehr. Reklametafeln. Die Stadt Guimarães ist Weltkulturerbe der Unesco. Man fragt sich zunächst, warum. Vor lauter Ratlosigkeit verlieren wir den Weg, ein Polizist führt uns zum alten Stadtkern, und der ist Gott sei Dank wieder schön. "Obrigada" heißt danke, das muss man sich merken. Der Rest ist Pantomime.

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Etwas außerhalb, im Garten des Herrenhauses Paço de S. Cipriano, schöpft die 72-jährige Maria Tereza de Sottomayor Wasser aus dem Brunnen. In der einen Hand die Gießkanne, an der anderen ihren Enkel, gießt sie die blühenden Oleanderbüsche. Sie trägt ein elegantes Kleid und Goldschmuck, ihr Französisch klingt wunderbar weich, aber man ahnt an ihrem Blick: Vorsicht, die Frau ist eine Generalin! Ihre Töchter Isabel und Tereza sehen aus wie Ende 20, sind aber Anfang 40 und nicht verheiratet - für portugiesische Verhältnisse sehr ungewöhnlich. Beim Waldspaziergang vertraut uns eine der beiden an: "Ich bin arbeitslos, und mein Freund lebt an der Algarve." Was wohl schlimmer ist?

Einen Herrn des Hauses gibt es zwar auch, doch der spielt keine große Rolle. "Mein Mann war natürlich gegen den Tourismus", sagt die Generalin. Mittlerweile ist aber vielleicht auch Dom João Almeida ganz froh über die Gesellschaft beim Abendessen. Die Gäste bringen Geld und Leben in die barocke Bude. Es gibt Gemüsesuppe, neben Portwein eine Art Nationalheiligtum.

Um fünf Uhr früh weckt uns der Hahn. Macht nichts. Es regnet. Macht auch nichts. In der Küche, direkt am großen offenen Kamin, ist der Frühstückstisch für uns gedeckt: Rosen aus dem Garten, Croissants, hausgemachte Pfirsichmarmelade, Käse und Schinken. Es prasselt drinnen und draußen. Sonne? Ist ohnehin schlecht für die Haut. Im Haus wird es hektisch, der jüngste Enkel soll heute getauft werden - in der hauseigenen Kapelle. Fast alle adligen Familien haben eine. Isabel nennt sie "Wohnzimmer Gottes".

Beim Essen geht es zu wie im "Haus am Eaton Place"

Samstagabend. Kirchenlieder klingen über dem Tal. Der Mai ist der Monat der Marienverehrung - es wird gebetet, vor allem aber gefeiert. Böllerschüsse begleiten uns in Richtung Trasosmontes, zur "Casa do Campo", einem weißen Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert, berühmt für seine Kamelien, die ältesten von ganz Portugal. Die Familie Meireles hat sie über Generationen hinweg gepflegt, und wenn sie blühen, wird das Haus zum Wallfahrtsort. Gemütlich und gediegen ist es hier, trotzdem herrscht eine lockere Atmosphäre. Nur beim Essen, da geht es zu wie im "Haus am Eaton Place". Ich bin begeistert, das war damals meine Lieblingsserie! Das Personal steht bei jeder Mahlzeit parat, aufgereiht in gestärkten Blusen und Röcken aus fein gestreiftem Stoff.

Am nächsten Tag sitzen wir mit Familie Meireles in der Küche. Es gibt Roastbeef, gebackene Kartoffeln und "Pata negra", den nussigen portugiesischen Schinken, für den die Schweine mit Eicheln gefüttert werden. Die Weingläser füllen sich wieder, kaum dass sie leer sind. Jetzt wagen wir uns sogar an frittierte Stockfischbällchen. Gabriella kocht, ihr Mann erklärt, wie's geht. Mittelpunkt der Tafel, wie könnte es anders sein: die Mutter. Von dem, was sie sagt, verstehen wir kein Wort - die alte Dame spricht nur Portugiesisch. Doch ihr Lächeln regiert diese kleine Welt.

Reise-Infos

Alle vorgestellten Herrenhäuser (und viele weitere) finden Sie unter www.solaresdeportugal.pt. Die zu "Solares" gehörenden Häuser sind zu buchen über den Portugal-Spezialveranstalter Olimar im Reisebüro oder unter www.olimar.com. Die Übernachtung im Doppelzimmer mit Frühstück kostet rund 60 Euro. Über Olimar können auch weitere Reisebausteine zusammengestellt werden. Zum Beispiel Fly & Drive (Flug und Europcar-Mietwagen) ab ca. 900 Euro pro Person/Woche. Telefon-Vorwahl Portugal: 003 51

Buchtipps: - Jürgen Strohmaier u.a.: "Nordportugal", Michael Müller Verlag, 15,90 Euro - Der handliche Führer steckt voller Informationen und Empfehlungen für individuelle Entdeckungen - und ist trotzdem kein bisschen trocken. Der beste Beweis, dass es nicht immer die Algarve sein muss. - Eckhart Nickel: "Gebrauchsanweisung für Portugal", Piper-Verlag, 12,90 Euro - Unterhaltsame Reiselektüre für unterwegs und vorher, die ganz beiläufig vertraut macht mit Portugal und vor allem: mit seinen Menschen, ihren Schrullen und Leidenschaften, ihrer Musik, ihrer Geschichte und nicht zuletzt der "saudade", der großen, brennenden Sehnsucht. - Inês Pedrosa: "In deinen Händen", btb-Verlag, 9 Euro - Wunderbar melancholische Familiensaga um drei starke Frauen auf der Suche nach Liebe - und ihren Wurzeln. Eine weibliche Geschichte Portugals.

Text: Carla Woter Fotos: Sabine Steputat

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