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An der Westküste von Australien entlang

Fahren Sie in Australien die Westküste entlang und erleben Sie dramatische Felsformationen, einsame Fischerdörfer und Endlosstrände.

Der Sand ist zu weiß, das Meer zu türkis, der Himmel ein schier endloses Versprechen. Kurz kneife ich mich, um zu testen, ob ich nicht zufällig träume. Schließlich duftet es in Träumen auch nicht nach Salzwasser, Sonnencreme und wildem Rosmarin. In Träumen schwappen auch keine Wellen über meinen Rücken, während Tropenfische unter mir an Korallen knabbern. Ich treibe in der Salmon Bay im Indischen Ozean und genieße, was sich so unwirklich schön anfühlt. Auf den Klippen lassen sich Seehunde von der Brise das Fell trocknen, Möwen kreischen, nur Wind und Wellenrauschen stören die Stille. Rottnest Island ist elf Kilometer lang und halb so breit, hat 63 Strände, aber keine Autos.

Der ideale Fleck, um noch mal tief Luft zu holen für mein privates Roadmovie durch Westaustralien. Rund 2000 Kilometer möchte ich durch Down Unders größtes Bundesland fahren, meist an der Küste entlang, mit meinem Freund, Surfbrett und Taucherbrille. Dafür habe ich drei Wochen eingeplant. Rosakakadus picken Feigenbeeren aus dem Kopfsteinpflaster, vor der Rottnest Bakery üben Kinder radelnd klingeln, jeder bewegt sich im Ferientempo. "Diese Insel gehört den Urlaubern", sagt Pam, die wir auf dem Weg zum Pub treffen. "Wohnen darf hier nur, wer gebraucht wird: Kellner, Krankenschwester, Polizist."

Westküste von Australien: Perth wirkt wie eine Fata Morgana

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Und der Priester. Monsignore O'Shea schließt die gekalkte Dorfkirche ab, die er seit 30 Jahren betreut. Das macht ihn, grinst er, zum "dienstältesten Insulaner" - nicht mitgezählt die Quokkas. Eigentlich müsste es Quokka- Insel heißen, nicht Rottnest. Als ein Holländer die kleinen graubraunen Beuteltiere mit Knopfaugen zuerst sah, dachte er, er sei in einem "Ratten-Nest" gelandet.

Zu viele Nager, fand Kapitän de Vlamingh 1696 und drehte ab. Die Quokkas blieben. Am Horizont wirkt Perth wie eine Fata Morgana, dabei sind die Hochhäuser der Hauptstadt kaum 25 Kilometer entfernt. Herrlich, dass wir abends nicht zurückmüssen. Hinter der "Rottnest Lodge" taucht die Abendsonne den Garden Lake in Orange, Quokkas wühlen im Sand, sogar die Fahrradklingeln haben Pause. Wir sitzen auf unserer Lodge-Terrasse, inhalieren warme, salzige Luft und beschließen, heute hier zu bleiben. Mein Reisebegleiter holt Fish & Chips aus dem Restaurant und Bier aus der Bar, dazu hören wir seltsam flötenden Vögeln bei ihrem Nachtgesang zu. Nebenbei überlegen wir, was besser ist: das perfekte Hier und Jetzt oder die kribblige Neugierde auf die nächsten Stationen? Die Runde endet unentschieden.

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Mindestens zwei Sorten Mensch bekommen leuchtende Augen, wenn sie die Wörter "Margaret" und "River" hören: Wellenreiter und Weinliebhaber. Ich bin beides. "Wollten wir nicht nach Norden?", zweifelt der Mann auf dem Nebensitz am weiblichen Orientierungssinn, "Margaret River liegt südlich." Sicher, aber was sind ein paar hundert Kilometer Umweg in einem Bundesland, das ohnehin endlos ist? 2,5 Millionen Quadratkilometer, um genau zu sein, so groß wie Westeuropa. Die Caves Road führt uns ins Märchenbuch, sie schlängelt sich vorbei an Tropfsteinhöhlen, Eukalyptus- und Olivenhainen, kreuzt Seen und Weinberge. Wir landen vor einer "Cellar Door", einer von über hundert Probierstuben auf den vielen Weingütern dieser Region. "Nirgends ist es so einfach, so vorzüglichen Wein zu machen", sagt Virginia Willcock. Sie zeigt auf die erntereifen Trauben am Hang, sie muss es wissen: Jahrelang reiste sie als "fliegende Öno-login" durch die Welt. Wieder daheim, bringt die Australierin im Traditionsgut Vasse Felix preisgekrönte Tropfen in die Fässer. "Boden, Lage und die Brise vom Meer sind ideal", schwärmt sie und lässt uns Shiraz kosten: Der tiefrote Wein ist würzig und weich, er erinnert an Waldbeeren, Kräuter und erdige Holzfässer zugleich. Göttlich gut.

Entlang der Westküste in Australien - höchste Zeit für das Board

Am anderen Morgen quietschen grünblaue Papageien in den Baumriesen überm Cottage. Es riecht nach Wald und Salzwasser. Zwischen alten Karri-Bäumen öffnen sich von den Hängen aus atemberaubende Blicke über den kobaltblauen Ozean. Jenseits der Flussmündung warten schon bei Sonnenaufgang die ersten Surfer auf Wellen. Höchste Zeit, endlich das Board zu wachsen. Vom Meer aus wirkt die Küste unberührt, weder Zäune noch Häuser stören die wildwüchsige Natur an der Steilküste. Das Meer erstreckt sich vor mir als sanft wogender Teppich. Ich tauche durch ein paar Wellen und paddle weiter raus aufs Meer. Es ist friedlich, ins Rauschen der Gischt mischen sich nur die Schreie der immer wachen Möwen. Auf dem Board sitzend, lasse ich Hände und Füße im kühlen Wasser kreisen. Plötzliche sehe ich eine graue Flosse, kaum 15 Meter entfernt. Ich springe blitzartig aufs Brett. "Dolphins", beruhigt mich ein Surfer neben mir und grinst. Die Sonne blinzelt über grüne Hänge, stetig rollt die Dünung in die Bucht. Hinter mir baut sich eine Welle auf. Endlich. Und ich jage mit einem Freudenschrei gen Strand. Allein dieser Adrenalinschub war den Umweg wert.

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Im Nambung-Nationalpark werde ich ganz still. Raketenspitze Türme stehen da neben knubbligen Schildkröten, dort eine bauchige Portweinflasche in XXL, eine wandernde Gespensterfamilie - all das aus gelbem Kalk! Säulen ragen aus einem Hügel, so hübsch geriffelt und gelöchert, als hätte Gaudí hier geübt, ehe er mit Barcelonas Kirchen anfing. Wir stapfen durch pudrigen Sand und befühlen die mal spiegelglatten, mal harschen Figuren. Sind wir wirklich noch im selben Land, am gleichen Indischen Ozean? Es wird kühl. Im Abendlicht leuchten die Felsen erst orange, dann pink und lila, bis dem Himmel die Farben ausgehen. Nur ein Dutzend Touristen kurvt noch herum, Hobbyfotografen bohren Stative in den Sand.

Irgendwer hat sich die Mühe gemacht und die Zinnen gezählt - und bei 150000 aufgegeben. Kein Wunder. Wir sinken mit einem Glas Weißwein aus der Kühlbox in den Sand und sind uns einig: Diese geologische Einmaligkeit, entstanden durch jahrtausendelange Auswaschung, Wind und Erosion, ist die verrückteste Skulpturen-Ausstellung der Welt. Zwei Kängurus strecken die Ohren über einen Busch, dahinter schiebt sich ein Dreiviertelmond aus dem Dunst. Schade, dass man hier nicht unter Sternen schlafen darf. Wir müssen in den einzigen nahen Ort, Cervantes. Dort riecht es nach Algen, vor der Mole dümpelt die Flotte der Hummerfi scher. Wer hier wohnt, weiß mehr über Felshummer als Don Quichotte - benannt ist das Nest nach einem gestrandeten Schiff. Die Quartierwahl ist klein: Motel, Zeltplatz oder "Backpacker-Lodge". Wir sind zwar keine Rucksackjugend, aber das Eckzimmer mit Meerblick in der Lodge ist wunderbar für die Nacht.

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Orange blühende Banksiabäume säumen die Straße, der Asphalt zieht uns wie ein Seil Richtung Horizont. Je länger wir fahren, umso weiter wirkt der Himmel, umso gleißender das Licht. Niemand drängelt oder hupt auf den einsamen Highways, so kann selbst Autofahren entspannen.

Unser nächstes Ziel ist Kalbarri, ein Nationalpark voller Schluchten und voll rot gestreiftem Sandstein. Zum Malen schön ist er - und unendlich heiß. Der Ort Kalbarri ist die Oase zwischen Fluss und Meer. Statt stickiger Outback-Dürre atmen wir plötzlich laue Ozeanluft, die Temperatur sinkt um gut zehn Grad von "glutheiß" auf "schön warm". Angler werfen vom Steg aus ihre Leinen über wellige Strudel, in denen sich Salz- und Süßwasser mischen. Am Anleger wartet die "River Queen" auf uns, ein altmodisches Schaufelradboot. Zur "Sunset Cruise" durchpflügen wir gemächlich den Murchison River und stoßen an Deck mit eiskaltem Bier an. Pelikane fischen nach Beute, schwarze Schwäne landen in der seichten Mündung. Die Luft schmeckt nach Tropen und Wüste zugleich.

Vor Kalbarri fallen die Klippen dramatisch rot und leuchtend ins Meer. Den Wanderweg über die Bilderbuchfelsen haben wir am Morgen fast für uns allein - wären da nicht etwa 80 Millionen Fliegen, die uns umschwirren. Und wie haben wir uns noch im Souvenirladen über die Hüte mit dem angenähten Fliegenvorhang lustig gemacht! Jetzt wedeln wir im Sekundentakt mit beiden Armen. Die geplante Küstenwanderung schrumpft zu einem einstündigen Spaziergang. Dann rennen wir in der Pot-Alley-Bucht zum Wasser und springen ins Meer.

Westküste von Australien: Am liebsten bleibe ich einfach hier

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Auf dem Weg nach Norden biegen wir nach Shark Bay ab, einer Gruppe von Buchten, jeweils durch Halbinseln getrennt. Hier wimmelt es vor seltenen Seekühen, Muschelstränden und Delfinen, raren Pflanzen und riesigen Seevögeln. Am liebsten bliebe ich einfach hier. Ich würde mit den Zehen Sand filtern und warten, ob eine Schildkröte den Kopf aus dem Meer streckt. Oder heimlich Pelikane füttern. Über Strände laufen, die wir nur mit Möwen und Einsiedlerkrebsen teilen. Morgens der Fütterung der Delfine im Monkey Mia Resort zusehen und abends die kitschigsten Sonnenuntergänge knipsen. Nicht mehr Auto fahren. Aber mein Freund unterbricht meine endlosen Ferienträume: "Die Walhaie warten." Und er hat natürlich recht: Ein paar hundert Kilometer weiter nördlich ziehen gerade die größten Fische der Welt am Ningaloo Reef vorbei. Wir tanken ein letztes Mal voll und geben Gas. Ningaloo, der kleine Bruder vom berühmten Great Barrier Reef im Osten, hat einen großen Vorteil: Es beginnt gleich am Ufer. Weder Boot noch Tour sind nötig, schon ein paar Schwimmzüge jenseits von Coral Bay schwebe ich zwischen Tropenfischen über bunten Korallengärten - so lange, bis ich trotz 25 Grad im Ozean friere.

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Sand und Sonne heizen auf für die nächste Runde im Unterwasserparadies, das Entdeckerglück ist grenzenlos und gratis. Was auf die Walhai-Expedition im nahen Exmouth nicht gerade zutrifft - Ökozulage, Spähflugzeuge, Motorboot und Crew haben ihren Preis, doch egal: Schließlich geht es um die größten Fische der Welt! Das Team von "Ningaloo Blue" erklärt das Verhalten der oft bis zu 13 Meter langen Gesellen - dann springen wir mit Flossen und Taucherbrillen ins Meer. Unser Walhai hat weiße Punkte in Karos auf schwarzblauem Leib, ein etwa meterbreites Maul, und ich verschlucke fast meinen Schnorchel. Auf "groß" war ich vorbereitet, auf derart gigantisch nicht. Wie eine Kaulquappe fühle ich mich neben diesem Riesen, wie eines der Pilotfischchen, das unter seinem Bauch Plankton saugt. Hoffentlich erinnert er sich, dass er Vegetarier ist, schießt mir durch den Kopf, dann finde ich meinen Rhythmus und folge dem Walhai. Gut zehn Minuten später taucht er so majestätisch ab, wie er gekommen ist: Ein paar Schläge mit der riesigen Schwanzflosse - schon scheint er wie schwerelos in die Tiefe zu fallen. Fünf Walhaie entdeckt der Kapitän für uns - jede Tauchtour ein tieferer Sprung in eine unwirk- lich schöne Welt. Ich gleite mit diesen Kolossen durch den Ozean! Über mir Himmel und glitzernde Meeresoberfläche, unter mir blaue Tiefe. Mein Freund kneift mich von der Seite kurz in den Arm. Traumkontrolle, sicher ist sicher.

Reise-Infos für die Westküste in Australien

Reisezeit Perfekt für diesen Teil von Westaustraliens Küste sind die Monate März bis Juli. Die Walhai-Saison am Riff dauert von Mitte April bis Juli.

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Fliegen & Fahren Qantas fliegt z. B. täglich von Frankfurt via Singapur nach Perth (ab ca. 600 Euro). In drei bis vier Wochen ist die beschriebene Tour gut zu schaffen. Von Perth nach Margaret River sind es etwa vier Stunden. Für die gut 500 Kilometer aus der Margaret River Region nach Cervantes sollte man mindestens einen Reisetag einplanen. Weitere 400 Kilometer sind es von hier nach Kalbarri, für eine Pause eignet sich unterwegs das Küstenstädtchen Dongara. Die Etappe nach Monkey Mia ist ebenfalls etwa 400 Kilometer lang, doch die einsamen Straßen hier ermüden leicht, daher viele Pausen einplanen. Von Denham nach Exmouth (700 Kilometer) sollte man nicht in einem Tag fahren, mögliche Zwischenstopps: das Obstplantagen-Städtchen Carnarvon oder die Farm Quobba Station (www.quobba.com.au) an wilder Küste. Ein paar Tage lassen sich auf dem Weg nach Norden auch gut in Coral Bay am Ningaloo Reef verbringen. - Mietwagen oder Campervan kann man in Perth leihen, in Exmouth abgeben und von dort zurück nach Perth fliegen. Diese One-Way-Miete ist teurer (z. B. www.europcar.com.au ab 1700 Euro für 21 Tage), spart aber Zeit. Wer mehr Zeit hat, kann die Route bis Darwin fortsetzen und von dort zurückfliegen.

Unterkünfte Hotels, Ferienhäuser oder Bed & Breakfasts sind z. B. spontan zu buchen über die Visitor Centres (täglich geöffnet von 9 bis 17 Uhr), die es in fast jedem Ort gibt. Wer vorab buchen will, findet Unterkünfte im Heft "WA Accommodation & Tours" (www.staywa.net.au). Die Broschüre wird auch ins Ausland verschickt.

Lesen Ein nützlicher Reisebegleiter ist der "Lonely Planet Perth & Western Australia" (14,95 Euro). - "Australien", ein Reiselesebuch von Freddy Langer (12,95 Euro, Ellert & Richter Verlag).

Infos Routenplaner, Links zu Unterkünften, Touren und Attraktionen (auch auf Deutsch) auf der Webseite der Tourismusbehörde: www.westernaustralia.com, für den ganzen Kontinent unter www.australia.com/de.

Text: Julica Junghülsing Fotos: Julica Junghülsing, iStockphoto

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