Anzeige

Problemzonen? Endlich Frieden mit dem Körper!

Bauch, Schenkel, Hintern - für viele von uns sind das lebenslange Problemzonen. Dabei können wir auch Frieden schließen.

Problemzonen? Jutta Duhm-Heitzmann haderte mit ihrem Bauch.

Der Bauch - für viele eine Problemzone
Der Bauch - für viele eine Problemzone
© Agenturbild! mathias the dread / photocase.com

Da sitz ich nun und heule. Auf dem Schoß meines Freundes. Nein, er hatte nichts angestellt, damals noch nicht. Er wollte nur bewundern, was ich gerade angeschleppt hatte: den ersten Bikini meines Lebens. Ein Wunschtraum seit Jahren. Süß war er, mit kleinen blauen Blümchen. Und nun der Schock: Es wölbte sich in der Mitte! Ich hatte einen Bauch! War dick! War, unübersehbar, eine fette Kuh mit einer Wampe! Fett hieß: 55 Kilo bei 167, schlank und alles an der richtigen Stelle, rundlicher Busen, knackiger Po. Nur in der Mitte, wo es superflach sein sollte, ein Röllchen. Von heute aus gesehen ein Witz. Damals stürzte nicht nur die Welt ein: Es läutete zur ersten Runde in einem lebenslangen Kampf. Er begann mit der Tarnkleidung und ihren Schattenseiten: Miederhöschen - tödlich fürs spontane Liebesleben. Ganzkörperkorsett - einmal und nie wieder. Später stramme Bodysuits, hübscher, elastischer, körperfreundlich - dennoch: was für ein freudloses Gezerre.

Dazu Crash-Diäten rauf und runter. Halfen alle nichts. Unterstützt von Bauchgymnastik und Sit-ups, Füße unter den Kleiderschrank geklemmt, auf ab, auf ab, auf ab. Half nichts. Trockenrudern - gut für die Oberschenkel. Der Bauch blieb. Er nahm sogar zu - proportional zu den Jahren und zum Körpergewicht. Die Reaktionen der Umwelt darauf unterschieden sich nur in Nuancen. "Bekommen Sie jetzt noch ein Kind?", erkundigte sich eine nette Kollegin, ganz spontan - ich hätte sie erwürgen können. (Übrigens sollte man das wirklich nur fragen, wenn die andere schon in den Wehen liegt!) "Sorgen mach dir, wenn der Bauch weiter vorsteht als der Busen. Oder wenn du dich weit vorbeugen musst, um den Zeiger der Waage zu sehen", erklärte eine mitfühlende Freundin. "So weit bist du doch nicht, oder?" Tröstlich ist anders.

image

Du spinnst, sagten dagegen die Männer meines Lebens (fast) immer. Ich glaubte ihnen hier so wenig wie bei ihren Liebesschwüren - beides vielleicht ein Fehler. Mit anderen Worten: Mein Leben war, bauchmäßig gesehen, ein einziges Scheitern. Jeder zufällige Blick in ein spiegeln- des Schaufenster wurde ein Stich ins Herz. Jeder Blick auf die neue Mode eine Erinnerung an verlorene Schlachten. Mein Bauch gehört mir? Nie, er gehörte immer nur anderen. Und dann, irgendwann, hörte der Kampf auf. Nicht mit einem Aha-Effekt, wie damals beim Bikini. Nicht mit einem plötzlichen Wutanfall auf ein Schönheitsideal, das dich mit seinem "schlank, schlanker, bauchlos" zum ewigen Freak macht. Das Aus kam schleichend: Plötzlich erregten die ewig hungernden Models amüsiertes Mitleid. Die neue Mode wurde einfach nur zu einem Angebot, das mal angenommen wurde, mal nicht. Und das mit den Männern? Mein Gott, das wird beim Älterwerden ohnehin weniger. Ansonsten soll mich jeder nehmen, wie ich bin. Jeder! Auch ich selbst. Verdammt noch mal, warum erst jetzt?

Immerhin jetzt. Endlich. Ein völlig neues Bauchgefühl. "Bauchgefühl" - das stand bis dahin nur für Intuition, Einfühlsamkeit, Instinkt. Nicht umsonst ist der Bauch für viele der Nabel der Welt, der eigentliche Sitz der Seele. Vielleicht gibt es ja Gründe, die zu schützen, mit ein bisschen Polster gegen die Stöße, die einem das Leben permanent versetzt? Also bleib, wie du bist, Bauch, rundlich, weich, unübersehbar vorhanden. Etwas, worauf jemand gemütlich den Kopf legen kann. Ab und zu quäle ich dich zwar, Shapewear, Body - was gerade anfällt. Aber sonst? Hosen bequem, Blusen weit, Pullover locker. Geht doch! Kein Kampf mehr. Endlich Frieden. Läuten da irgendwo die Glocken...?

Problemzonen? Anke Gröner mochte ihre Beine nicht

Beine - eine verwirrende Angelegenheit für manche Frauen
Beine - eine verwirrende Angelegenheit für manche Frauen
© Agenturbild: Miss X / photocase.com

"Apfelform" - was für ein wunderbares Wort. Ich beneidete jahrelang Frauen, die mit dieser Körperform ausgestattet waren: viel Busen, Bauch, Po - und dazu schlanke Beine, die in Stiefel und schmale Hosen passen und unter kurzen Kleidern toll aussehen. Ich habe eher die Körperform "Litfasssäule": alles von oben bis unten überdimensioniert. Auch die Beine. Über die ich besonders unglücklich war. Weswegen ich nie Stiefel trug (weil ich nie welche fand, die mir passten), nie schmale Hosen (weil sie schon an den Unterschenkeln scheiterten) und vor allem nie kurze Kleider (da hätte man ja meine Beine gesehen - Untergang des Abendlandes).

Bis ich vor gut zwei Jahren ein Food-Coaching mitmachte und lernte, Nahrung nicht mehr als Feind, sondern als Vergnügen wahrzunehmen. Mit der Freude am Essen entwickelte sich, ohne dass ich es darauf angelegt hatte, eine Freude an mir: Ich war plötzlich nicht mehr den ganzen Tag damit beschäftigt, mir Vorwürfe zu machen, dass ich irgendwelchen Diätplänen nicht gehorchte. Oder dass ich mich doch nur ein bisschen anstrengen müsse, um gaaanz anders auszusehen. Stattdessen fragte ich mich jetzt: Wieso muss ich denn bitte schön anders aussehen? Wieso darf Anke Gröner nicht aussehen wie Anke Gröner? Wieso erwarte ich von mir selbst, dass Anke aussieht wie Kate, wie Gisèle, wie Claudia?

image

Mit dem neuen Blick auf Nahrung kam auch ein neuer Blick auf mich: Wenn ich täglich genussvoll esse und damit meinem Körper etwas Gutes tue, dann kann der doch eigentlich gar nicht so schlecht sein. Ich darf auf meinen Körper stolz sein, selbst wenn er nicht so aussieht wie die vielen Körper, die mir täglich in den Medien präsentiert werden. Und zu meinem Körper gehören auch meine Beine, die bislang von sehr weiten Hosen umhüllt waren. Meine Beine haben immer noch Dellen und blaue Flecken, und beim Rasieren bin ich gern schlampig, aber auf einmal wollten sie sich nicht mehr verstecken.

Und so kaufte ich die ersten Leggings meines Lebens und das erste Kleid, violett und kniekurz. Zum ersten Mal schlich ich nicht demütig durch die Gegend, weil ich dick war, sondern ich freute mich darüber, dass meine Beine mich stark und kraftvoll trugen. Und obwohl man als dicker Mensch häufiger missbilligende Blicke abbekommt, traf mich an diesem Tag kein einziger von ihnen. Trotz eines eng sitzenden Kleids und meiner deutlich sichtbaren dicken Beine. Es scheint zu stimmen: Wenn man auf sich stolz ist und sich wohl fühlt, muss man nicht in schwarzen Großraumzelten rumlaufen, die angeblich irgendwas kaschieren. Ich weiß bis heute nicht genau, wie sich mein Blick auf mich geändert hat. Ich weiß nur, warum. Weil ich meine Zeit nicht mehr damit zubringe, mir meine Körperform vorzuwerfen, an der ich nun mal sehr wenig ändern kann. Weil ich jetzt gut zu mir bin. Vor allem zu meinen Beinen, die mich brav überall hinbringen, wohin ich gern möchte. Auch als Litfasssäule.

Problemzonen? Nina Grygoriew hatte Probleme mit ihrem Po

Der Po - warum haben viele Frauen so viele Probleme damit?
Der Po - warum haben viele Frauen so viele Probleme damit?
© Agenturbild! infiltrant / photocase.com

Wenn ich ihn heute betrachte, weiß ich nicht mehr, warum ich so lange so ungnädig zu ihm war. Jahrelang habe ich ihn verabscheut und bekämpft und sehr schlecht über ihn gesprochen. Dabei ist er eigentlich völlig in Ordnung. Nicht ganz fest und erst recht nicht klein und rund, dafür mit weicher Haut und hübschen Grübchen obendrüber. Heute habe ich ihn gern, meinen Po. Weil er mich genauso ausmacht wie meine Stimme oder mein Lachen. Vor der Liebe liegt eine etwa zwanzigjährige Leidensgeschichte, die da begann, wo alle weiblichen Figurprobleme beginnen - in der Pubertät. Während meine Brüste eine elegante "Handvoll" wurden, wuchs mein Hintern in unendliche Breiten. Dazu traf mich die Familiendiagnose "Reithosen-Schenkel", was bedeutete: Der Po braucht zwei Konfektionsgrößen mehr als die Taille. In meinem Fall eine 42. Mit 16. Während meine Freundinnen ihre perfekten Apfel-Hintern in perfekte Minis steckten, gab es in meinem Kleiderschrank nur Hosen. Und T-Shirts in 75 Zentimeter Länge - um mein monströses Hinterteil zu bedecken. Sommernachmittage im Freibad? Dünne Kleider, Shorts? Vermied ich.

Vielleicht hätte sich die Beziehung zu meiner Rückseite eingependelt, hätte mir nicht ein Klassenkamerad mit einem einzigen Satz ein jahrelanges Trauma verschafft: Als ich vor ihm herlief, sagte er flüsternd, aber deutlich: "Wenn man die Nina von hinten sieht... die ist echt ein Schlachtschiff." Nach diesem Satz war mein Po nicht mehr nur ein etwas zu breit geratenes Körperteil, mein Po war mein Feind, den ich hasste und für den ich mich schämte. Obwohl ich ihn selbst ja so gut wie nie sah, wurde er ein Dauerthema in meinem Kopf. Und Grund für unzählige Fitnesskurse, Miederhosen - damals noch nicht hip, sondern für Frauen um die 70 - und natürlich für Diäten. Die immer nur eine Einsicht brachten: Wenn ich abnahm, dann am Oberkörper, wenn ich wieder zunahm, dann am Po. Höhepunkt unseres Krieges: Mit 27 ließ ich mir das Fett absaugen. Danach, dachte ich, würde alles besser werden.

image

Es wurde besser. In erster Linie, weil älter zu werden nicht nur bedeutet, faltiger zu werden, sondern auch schlauer. Und gelassener. Ich entdeckte, dass man sich sexy kleiden kann, ohne den Rock kurz unterm Schambein enden zu lassen. Dass Frauen mit Apfel-Po ab Mitte 30 zum Bauch neigen. Und dass Männer die Dinge meist mit anderen Augen sehen. Ab und zu sagte einer zu mir: "Deine Frisur gefällt mir nicht" oder "Tut mir leid, aber wir haben nicht die gleichen Ziele". "Dein Hintern ist hässlich und zu dick", sagte nie einer. Im Gegenteil, der eine oder andere fand ihn sogar wunderschön. Und ich begriff, dass er das wohl auch ist. Obwohl er weit weg ist von perfekt und bis heute nicht in Größe 36 passt. Mittlerweile sind meine T-Shirts kurz und meine Jeans eng und mein Gefühl dabei: wunderbar. Neulich sagte eine Kollegin zu mir: "In der Hose sieht dein Hintern aber knackig aus." Stimmt, dachte ich. Liegt aber nicht an der Hose. Es liegt am Hintern.

Credits: Thinkstock/gettyimages.com Text: Jutta Duhm-Heitzmann; Anke Gröner; Nina Grygoriew Fotos: Chistina Körte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel