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Verlassene Männer suchen Trost - und keine Beziehung

Verlassene Männer suchen Trost - und keine Beziehung
© Buechelmeier/Corbis
Sie lieben einen frisch verlassenen Mann? Dies ist eine Warnung an alle Frauen, die sich wirklich einen neuen Partner wünschen. Denn wer zu früh kommt, den bestraft das Leben.

Ab einem gewissen Alter soll es ja rapide bergab gehen mit unseren Chancen bei den Männern. Angeblich ist es wahrscheinlicher, mit dem Flugzeug abzustürzen, vom Blitz erschlagen zu werden und ähnlich Unerfreuliches, als dann noch einen Partner zu finden. Blöde, altbackene Sprüche. Und ich kann sie auch nicht bestätigen. Ich habe einige nette Männer kennengelernt, die sich nicht an Falten und Lebenserfahrung stießen. Das Problem war ein anderes: Sie waren noch nicht reif. Nicht reif für mich. Obwohl ich nicht in der Krabbelgruppe, nicht an der Uni und auch nicht im Techno-Club unterwegs war, sondern bei Männern meiner Generation. Als ich wieder einmal sitzen gelassen wurde, ohne Erklärung, ohne Ankündigung, ohne Streit - einfach so, entdeckte ich den gemeinsamen Nenner: All diese Männer waren verlassen worden.

Vor nicht allzu langer Zeit. Von einer Frau, die ihnen wichtig war. Meine Rolle in ihrem persönlichen Drama: die Übergangsfrau. Natürlich gibt es auch unter den frisch Verlassenen einige seltene Warnung an alle Frauen, die sich wirklich einen neuen Partner wünschen - und sogar glauben, einen gefunden zu haben. Denn wer zu früh kommt, den bestraft das Leben.

Praktischerweise konnte ich nämlich nach der dritten Schlappe in Folge ein paar Verhaltensweisen identifizieren, die klare Hinweise liefern und helfen, unnötige Liebesqualen zu vermeiden.

Indiz Nummer eins: Er ist verlassen worden. Und er weiß nicht, warum!

Vergessen wir nie: Die Frau vor uns, die den Mann verlassen hat, wird ihre Gründe gehabt haben. Der Verdacht, sie habe ihn einfach nicht zu schätzen gewusst, ist durch nichts begründet. Keine Frau über 40, die noch alle beisammen hat, verlässt einen wirklich guten Mann! Das nur für den Hinterkopf. Denn die entscheidende Frage ist doch, welche Erkenntnisse der verlassene Mann dabei gewinnt. Als Mitglied einer Männergeneration, die nicht zur Selbstreflexion neigt, kommt er vermutlich nur zu dem Schluss: Autsch! Tut weh.

Muss ich nicht noch mal haben. Und er fragt sich wie ein Baby, das nach dem Schnuller greint: Wo ist das Pflaster für meine Seele und andere wesentliche Körperteile? Wo der sofortige Trost? Und da kommen wir ins Spiel. Wir, die wir nach dem Scheitern unserer letzten Beziehung tieftraurig waren, die Schuld (auch) bei uns suchten, uns Zeit nahmen, zu verstehen. Und nun mit dem festen Vorsatz antreten, beim nächsten Mal umsichtiger, verständnisvoller, offener mit der Liebe umzugehen. Verlassene Männer dagegen haben nur eines im Sinn: Schadensbegrenzung.

Indiz Nummer zwei: Er stürzt sich sofort nach der Trennung ins Getümmel

Der verlassene Mann meldet sich meist umgehend bei einer Online-Partnerbörse an und sieht erstaunt, wie viele nette, gescheite, gut aussehende Frauen da auf ihn warten. Da trifft er uns! Das dämpft den Schmerz über die eine, die so unverschämt war, ihn nicht mehr zu wollen, erheblich. Dieser Vorgang ist es, der massenhaft Männer ins Netz treibt, die völlig beziehungsunfähig sind. Beziehungsunwillig, besser gesagt.

Jedenfalls zu dem Zeitpunkt, an dem wir sie treffen. Das Leben verläuft ja auf einem Zeitstrahl. Und da ist es nicht ganz unwichtig, an welchem Punkt er und ich gerade stehen. Wenn er, frisch getrennt, mal gucken will, was noch drin ist in der Wundertüte, dann ist er nicht bereit für das, was ich brauche - vorausgesetzt, meine Mission ist ernsthafter angelegt. Ich weiß, wovon ich spreche, ich hatte auch schon Übergangsmänner. Nach einer traumatischen Trennung wollte ich auf den Arm. Und da kam ich auch schnell hin. Als die Tränen getrocknet waren, wollte ich aber lieber wieder selbst laufen, undankbar, aber wahr. Sowie der erste Schmerz abklingt, wächst die Lebenslust wieder.

Indiz Nummer drei: Er ist offen für alles Neue - nicht nur für uns!

Während wir ihm gegenübersitzen und überlegen, wann wir den ersten Kuss landen, entdeckt unser vermeintlicher Liebeskandidat seine Welt neu. Nach dem Weggang der Gefährtin fällt es ihm nämlich wieder ein: Wollte er nicht ursprünglich mal alle Frauen der Welt haben? Jetzt, freigelassen, sieht er seine Chance. Wäre da nicht im Hintergrund der nagende Unmut über die Unverschämtheit, dass eine gegangen ist, ohne ihn zu fragen, wäre er sogar froh. Wir beweisen ihm mit unserer begeisterten Liebenswürdigkeit, wie toll er ist. Sind nett, kaufen neue Wäsche. Sind im Bett so gut wie nie. Wähnen uns im Glück. Denken schon ans Zusammenziehen. Mein Haus? Seine Stadtwohnung? Ach, denken wir, doch noch spätes Liebesglück statt Flugzeugabsturz, obwohl angeblich Letzteres statistisch wahrscheinlicher war. Aber Irrtum!

Der Absturz kommt erst noch. Wenn wir glauben, es gehe um Gemeinsamkeit. Ums Sich-Einlassen. Ums Näherrücken. Wenn wir anfangen, Pläne zu machen. Dann scheut der Verlassene wie ein bockiger Esel. Schickt kryptische E-Mails, geht nicht ans Handy und ruft auch nicht zurück. Er taucht ab, verschiebt Verabredungen. Plötzlich hat er einen zeitintensiven Job. Auf einmal muss er sich mehr um den erwachsenen Sohn aus erster Ehe kümmern. Der Ex beim Umzug helfen. Mit Kumpels aus Schultagen um die Häuser ziehen. Allein eine Bergwanderung machen. Er hat viele Pläne, in denen wir nicht oder nur am Rande vorkommen. Und überhaupt, er will schöne Momente mit uns erleben, aber jetzt keine Versprechungen machen, die er nicht halten kann.

Indiz Nummer vier: Er lässt uns mit unseren Gefühlen ins Leere laufen

Versprechen? Haben wir die etwa verlangt? Eigentlich wollten wir ihm versprechen, gut zu ihm zu sein und ihn - im Gegensatz zu unserer Vorgängerin - niemals zu verlassen. Doch dieser Kitsch wird uns im Hals stecken bleiben. Denn er wird es uns heimzahlen. Sich an unserer Zuneigung laben, sie aber nur minimal dosiert beantworten. Während wir noch mit Freundinnen diskutieren, wie wir ihm aus seiner Verunsicherung heraushelfen können, hat er längst beschlossen, uns nicht in sein Leben zu lassen. Er braucht nämlich keine Frau. Er braucht Ersatz. Bestärkung.

Bestätigung. Beweise, dass er noch lebt. Gut, das ist ja ganz in Ordnung. Das soll eine neue Liebe ja schon leisten können. Er aber, der Verlassene, ist oft genug ein seelischer Hypochonder. Er tut sich leid. Er sieht neues Leid anrollen, sobald er sich mit uns richtig wohl fühlt - wofür wir, in dem Punkt ahnungslos, nach Kräften sorgen. Das muss er verhindern. Er will zwar zärtliche Zuwendung, um sich erholen zu können von der Schmach. Aber wir wollen natürlich auch zärtliche Zuwendung. Und da hapert es dann. Schneller, guter Sex ist für einen verlassenen Mann meist kein Problem. Aber Liebe? Muss es denn gleich wieder eine feste Beziehung sein?

Indiz Nummer fünf: Er blockt ab und ist nicht sehr fein in der Wahl seiner Mittel

Wir trauen unseren Ohren nicht. Ist ihm nicht klar, dass er mit uns den Hauptgewinn gezogen hat? Die Chemie stimmt, man ist auf Augenhöhe, lebensklug und schön geblieben. Jetzt könnte man mit allem, was man verstanden hat, richtig loslegen mit dem Lieben. Reife Liebe. Schöner als Jugendliebe. Eigentlich. Denkt man. Und dann fällt der ganze Traum zusammen wie ein Baiser, das zu früh aus dem Ofen geholt wird. Weil er verlassen wurde und nicht bereit ist, es zu verstehen, nicht bereit, etwas Neues anzufangen, nicht fähig, Energie aufzubringen, an sich selbst und an die neue Chance zu glauben. Weil einfach der Zeitpunkt nicht stimmt. Eigentlich hätten sich unsere Wege gar nicht kreuzen sollen. Zu unterschiedlich die Bedürfnislage. Sobald wir anfangen zu warten, zu bangen und zu hoffen, hat er bekommen, was er brauchte.

Die seelische und körperliche Erstversorgung nach der größten Schlappe seit Langem. Das Leben ist nicht gerecht, das wissen wir ja. Und je mehr wir ihn lieben, desto gründlicher kann er sich rächen für das, was eine andere ihm angetan hat. Wenn wir Pech haben, lernt er nebenbei noch, dass Frauen, die man zappeln lässt, umso fester am Haken hängen. Dann hat er die Chance, auch noch der nächsten weh zu tun, wenn wir das Feld geräumt haben, weil wir uns ja nicht ewig so behandeln lassen können. Bis er eines Tages völlig unspektakulär bei einer bleibt, die in nichts besser ist als wir. Sie kam lediglich zum richtigen Zeitpunkt. Nachdem wir ihn wieder aufgebaut haben. Nichts anderes ist der Job der Übergangsfrau.

Text: Vera Sandberg

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