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Single unter Pärchen: "Paare langweilen mich"

Allzu häufig wird man als Single ja eh nicht dazugebeten, zu Pärchen-Abenden aller Art. Ein Glück, findet BRIGITTE WOMAN-Autorin Vera Sandberg.
Single unter Pärchen: "Paare langweilen mich"
© PhotoAlto/Frederic Cirou/Getty Images

Neulich habe ich wieder zwei neue Beispiele gehört: Paare schneiden Single-Frauen. Immer noch und immer wieder. Laden sie nicht gern nach Hause ein, wollen Alleinerziehende mit ihren allein erzogenen Kindern im Familienhotel lieber nicht am Tisch haben. Selbst eine verheiratete Kollegin wurde kürzlich wieder ausgeladen, als sich herausstellte, dass ihr Mann nicht mit zur Advents-Dinner-Party kommen konnte: wegen der Symmetrie bei Tisch! Ich habe überhaupt keine Lust, auf die psychologisch sehr übersichtlichen Motive für dieses extrem altbackene Verhalten einzugehen. Es ist mir egal, ob es Angst vor Konkurrenz ist oder Angst vor Ansteckung oder auch die masochistische Lust, sich von Männern Bedeutung zu holen. Ich drehe jetzt einfach den Spieß mal um: Ich meide Paare. Sie langweilen mich. Ein Doppelwesen mit zwei Köpfen und vier Armen an meinem Kaffeetisch - da weiß ich nicht, in welches Auge ich schauen soll. Der gemeinsame Nenner zwischen mir und einem Paar, das entweder frisch verliebt und sich selbst genug ist oder voneinander genervt und dies notdürftig versteckt, ist ganz, ganz klein. Reicht eigentlich über attraktive Urlaubsziele und Ärger über Spritpreise kaum hinaus.

Es langweilt mich zu Tode, wenn ich erlebe, wie sich ein Mann und eine Frau ergänzen. Weil er sich cool beziehungsweise höflich zurückhält als einziger Kerl gegenüber zwei Frauen. Und sie in seinem Beisein nicht offen und entspannt über sich und ihre Gefühle reden kann, damit seine Illusionen über sie nicht platzen. Die Zeiten sind vorbei, in denen ich die Lücke füllte und mich selbstentblößend zum Clown machte, damit irgendeine Art von interessantem Gespräch entstehen konnte. Genauso unersprießlich, wenn beide die Nummer glückliches Paar spielen, sich "Schatz" nennen und Händchen halten. Obwohl ich aus gelegentlichen Einzeltreffen mit ihr genau weiß, dass Weihnachten bei ihnen öfter ist als gemeinsamer Sex. Ich bin nicht gern Komplize beim Lügen und Täuschen und Verschleiern. Klar weiß ich auch ohne hektische Zeichen hinter seinem Rücken, dass Rudi nichts mitkriegen soll von Elkes Einzelausflug mit der Jugendliebe neulich nach dem Klassentreffen.

Kaum kommen sie zu zweit zum Kaffee, grinsen sie harmonisch-nichtssagend und reden über: nichts. Schlimm ist auch das Gegenteil: wenn ein Paar mich ungefragt als Paartherapeutin erwählt. Im Beisein einer neutralen Person haben sie auf einmal den Mut, angestauten Groll über regelmäßigen Suff auf seiner und übertriebene Schuhkäufe auf ihrer Seite loszulassen. Die Dritte im Bund, also ich, schützt davor, dass die Grenzen des guten Benehmens verlassen werden. Profis nennen das Mediation oder Triangulieren und verlangen ab 120 Euro die Stunde. Ich schenke in solchen Fällen vorsichtshalber Wasser nach statt Wein und sehne mich unendlich nach meinem Krimi, der auf dem Sofa liegt. Ich bin den Paaren richtig dankbar, die Singles aus ihrem Kreis ausschließen, sie geben mir die Handhabe, mich entschlossen von ihnen zurückzuziehen. Die Frauen sind mir im Beisein ihrer Männer zu brav. Und die Männer im Beisein ihrer Frauen ebenso. Beide verschwinden im anderen. Werden unsichtbar. Allein sein kann ich auch allein. Ganz überflüssig sind solche Paar-Besuche aber nicht: Sollte ich mich manchmal nach einem Mann im Haus sehnen und mich in meinem Leben als Einzelwesen einsam fühlen, erinnere ich mich an sie - und bin umgehend wieder glücklich, Single zu sein.

Text: Vera Sandberg

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