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Ein Mann ist gut! Mehr als ein Mann ist besser!

Vieles spricht dafür, mehr als einen Mann zu haben, meint BRIGITTE WOMAN-Mitarbeiterin Maria Karau.

Eines Tages war ich so weit: Ich hatte zwei Dates mit zwei ausgesprochen netten Männern an einem Wochenende und eine Sehnsuchts-Mail von einem attraktiven Verflossenen, der mich bald besuchen wollte. Dabei hatte ich mich gerade damit abgefunden, jetzt ein glücklicher Single sein zu müssen. Alle meine ernsthaften, systematischen Versuche, endlich doch den Richtigen zu finden, hatten desaströs geendet. Das Internet ist voller Versprechungen ("einfühlsamer Partner"), hinter denen sich immer neue Aufgaben verbergen. Es gilt, die Nadel im Heuhaufen zu finden, und dabei zeigt sich jedes Mal aufs Neue: Alles oder nichts führt meistens ins Nichts.

Der eine trug die falschen Socken, der andere trank zu viel Bier, wieder ein anderer wollte gern ab und an für ein paar "schöne Stunden" vorbeischauen - ohne Verpflichtungen, versteht sich. Zwar fand ich das alles eine Zumutung, doch ich versuchte jahrelang, mir die fehlerhaften Projekte zurechtzuschnitzen. Ein ganz schlechtes Konzept. Maximaler Aufwand, null Effekt.

Ich war es leid. Ich war vom Glauben abgefallen. Es musste etwas geschehen, und das war leichter als gedacht. Lediglich ein kleiner, entschlossener Schritt in ein neues Leben ohne Suche, ohne Sucht - und schon war alles anders. Plötzlich suchten Männer meine Nähe, die sich offensichtlich nicht länger von mir verfolgt fühlten. Ich widerstand dem Gedanken, mich entscheiden zu müssen, und dachte: Gibt's den einen nicht, nimmst du alle.

So halte ich es heute, und es klappt wunderbar. Ich lebe ein bisschen wie früher, mit 20. Unordentlich. Spontan. Lustgeleitet. Ich erinnere mich, wer ich einmal war. Und lerne aus der Vergangenheit. Dafür ist sie schließlich da.

Mit 20 war ich in etwa das, was man heute vielleicht promisk nennen würde. Das gehörte nach 68 zum Studentinnenleben dazu und galt, zumindest in der Großstadt, nicht als verwerflich. Männer kamen und gingen. Manchmal gab es mehrere, denen jeweils ein Zipfel meines Herzens gehörte. Es war lustig, und es tat fast gar nicht weh. Und koordiniert wurde das Ganze auch noch ohne iPhone. Die jungen Frauen in meiner Umgebung lebten genauso, es war normal für uns. Bis der Richtige kam: Heirat, Kinder, das ganze ordentliche Leben, von dem wir dachten, es müsse für immer das richtige sein. Doch eines Tages war es nicht mehr richtig. Alles wurde unordentlich, kaum zum Aushalten. Und man war mehr oder weniger verzweifelt auf der Suche nach einer neuen Richtigkeit. Genauer gesagt: nach dem neuen passenden Mann. Diese Phase begann vor mehr als elf Jahren. Und der Richtige, beziehungsweise das Richtige, hat sich nicht gezeigt. Es reicht. Elf Jahre sind genug, finde ich, um zu kapieren, wo es nicht langgeht. Ein Konzept, das nicht aufgeht, ist ein schlechtes Konzept. Weg damit.

"Unbekümmert genieße ich, was Männer mir gern freiwillig geben"

Mein neues Konzept ist: gar kein Konzept. So wie mit 20. Damals war alles ganz einfach. Einer hatte so schöne blaue Augen, der andere lachte so süß, der Dritte konnte toll tanzen, und schon war man hin und weg. Wir waren offen, zu allem möglichen Unsinn bereit - und überwiegend glücklich. Genau das Richtige für heute.

Mit dem unkomplizierten Blick der 20-Jährigen stellt sich nun heraus: Der Biertrinker erzählt so schön und hat wundervolle starke Arme, der mit den doofen Socken sieht barfuß ganz manierlich aus und küsst fantastisch, und der Bindungsferne kommt mit tollen Theaterkarten und lädt anschließend zum Essen ein. Nehme ich das Beste von jedem, habe ich fast alles, was ich brauche. Spaß, Spontaneität, neuer Tag - neues Glück.

Unbekümmert genieße ich, was Männer mir gern freiwillig geben. Ohne beleidigt darauf zu starren, was sie mir eben nicht geben wollen.

Einer will nicht mit mir zusammenleben? Er wird wissen, warum. Es muss nicht an mir liegen. Nach dem alten Konzept wäre ich stur. Und jede Nacht allein. So taucht er gelegentlich auf, und wir haben es richtig gut miteinander. Bis zum nächsten Mal. Der andere hat eine feste Freundin, was ihn nicht daran hindert, mich ebenfalls zu begehren. Warum also nicht auch gelegentliche Treffen mit einem langjährigen Freund, der auf einmal wieder mehr sein will als ein guter Kumpel? Bitte, wenn es Freude macht - vor allem mir!

Weg mit dem Konzept

Mein vorläufiges Fazit: Der unordentliche Lebenswandel meiner Studentenzeit ist für Frauen ab 50 plötzlich wieder eine Option. Damals wollte man sich noch nicht binden. Heute kann man sich nicht mehr ohne Weiteres binden. Zu viel Eigenes steht auf dem Spiel, zu viele Wünsche sind aufgelaufen. Das machen wir besser mit uns und unseren Freundinnen oder Therapeutinnen ab.

Ich muss mich nicht entscheiden zwischen diesem oder jenem. Ich brauche nicht die volle Sockenkontrolle. Und keinen Plan vom Liebesleben. Alles andere ist schon ernst genug - die Familie, der Job, die Gesundheit. Diese Werte muss ich hüten. Der Mann kommt ab jetzt in der Mehrzahl vor. (Endlich habe ich übrigens verstanden, warum viele Männer fremdgehen. Sie entlasten ihr Standbein, indem sie sich gelegentlich anderswo abstützen.)

Es macht mir nichts mehr aus, dass ich den Mann, mit dem ich vollkommen zusammenpasse, nicht finden konnte. Ich habe meine Bedürfnisse in verschiedene Richtungen delegiert. Für mehrere Männer spricht unter anderem, dass nicht genug Zeit bleibt, sich über jeden von ihnen tiefer gehende Gedanken zu machen: Warum er wann und wie was gesagt und gemeint hat. Oder warum nicht. Derartige unwürdige Grübeleien haben mich früher wahnsinnig gemacht. Und oft genug von Herzen unglücklich.

Das kann mir jetzt nicht mehr passieren: Jeder unvollkommene Mann in meinem ansonsten recht gut gefüllten Leben macht die anderen unvollkommenen Männer weniger dringlich und wichtig. Jeder weitere ist ein Beweis mehr, dass ich begehrt bin. Das gefällt mir - und auch das ist genau wie in meiner Jugend, als wir unermüdlich Männer testeten. Ohne Plan, ohne Konzept. Warum wohl - weil wir immer wieder aufs Neue die Bestätigung wollten: Du bist schön, du bist klug, du bist begehrenswert. Das brauchen wir jetzt erst recht. Also: weg mit dem Konzept.

Seit ich kein Konzept mehr habe, will mich allerdings einer heiraten, den ich schon sehr lange kenne. Warum nicht? Für einen Traum ist in meinen Gedanken immer Platz.

Text: Maria Karau BRIGITTE woman 01/14

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