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Sinnlich und sexy? Aber sicher!

Sinnlich und sexy? Aber sicher!
© MarcinK3333/shutterstock
Das Körpergefühl ist nicht verschwunden. Aber vielleicht haben wir es aus den Augen verloren, dieses kostbare Talent, in unserem Körper zu schwelgen.

Warme Luft fächelt um deine Knie. Haare wehen im Wind, das Kleid drückt sich bei jedem Schritt an die Oberschenkel, der Gang wird federnd, die Welt will umarmt sein. Das ist der Moment, an dem das Herz den Brustkorb füllt, alle Bedenken schweigen, alles möglich wird, geheime Kräfte Regie führen. Eine große Klarheit im Kopf. Du bist Arme, Beine, Bauch, Hintern, Busen. Wenn der Körper sich plötzlich so gut anfühlt und du ihn genießt, wie er ist - dann bist du lebendig bis zum Übermut. Ein Lustschrei könnte sich lösen, wärst du nicht an einem ganz normalen Wochentag in der Stadt unterwegs, zwischen Leuten, die gerade nichts ahnen von deiner unendlichen Seligkeit. Von deiner prallen Erotik. So schweigst du, und nur ein breites Lächeln zeigt der Welt: Ich bin da.

Wann war sie zuletzt, diese tiefe, wohlige Gewissheit, am Leben zu sein? Wo war das noch, dass du dich am liebsten auf der warmen, summenden Wiese geräkelt hättest wie eine Katze? In einem anderen Leben? Vor fünf Jahren? Vor fünfzehn?

Das Körpergefühl ist noch da, du spürst es

Die Erinnerung lebt. Nichts geht verloren in dem tollen Wunderwerk hinter der Stirn. Die Erinnerung bohrt und nagt. Vielleicht kommt sie als Schmerz verkleidet, als unstillbare Sehnsucht. Und du weißt nicht gleich, wohin mit dem Wunsch: Ich will Lust, ich will Liebe, ich will Leidenschaft.

Aber du nimmst ihn ernst. Du weißt, dass dieses Ziehen und Zerren dir etwas zeigen will, wie ein Kind, das die Mutter an der Hand zu einem wahnsinnig schönen Schmetterling führt. Dir wird klar: Du willst diese unbändige Kraft wiederhaben. Diese Bewegung und Bewegtheit in den Adern. Du willst wieder einmal quietschen vor Wonne. Tanzen, rennen, kopfüber in einen See springen. Außer dir sein vor scheinbar grundlosem Vergnügen. Der einzige Grund: du selbst. Und das verborgene, fast vergessene Leben, das in dir brodelt.

Es geht nicht. Es ist weg, das magische Gefühl. Die Verliebtheit in dein eigenes Leben ist entschlummert. Vielleicht sogar beleidigt, weil pure Lebenslust kein Thema war. Viele Jahre nicht.

Was ist passiert? Warum lassen wir unsere weibliche Lebendigkeit verdursten? Etwas so Kostbares. Warum steckst du in einem Körper, den du täglich mäkeliger Kritik unterziehst, der ungeliebt, von dir im Stich gelassen vor sich hin altert, der so gar nicht dem entspricht, was du im Spiegel gern sehen möchtest? Warum malträtierst du ihn mal mit Diät und mal mit Marzipan? Du bist aus dem Gleichgewicht. Du hast es vergessen, das herrliche Gefühl, eine schöne, eine erotische, eine verführerische Frau zu sein. Und jetzt willst du es wiederhaben.

"Alles, was wir suchen, ist da. Wir müssen es wieder ins Leben bringen", sagt Eva-Maria Zurhorst. Und dass es vielen Frauen so gehe, dass sie ihre Weiblichkeit irgendwann aus den Augen verloren hätten. Die Bestsellerautorin ("Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest") veranstaltet mit großem Erfolg Seminare zum Thema Weiblichkeit. Und viele Teilnehmerinnen haben dasselbe Problem: "Sie fühlen sich taub, genießen den Sex nicht mehr, funktionieren, ohne sich zu spüren." Sie erklärt den Frauen, dass sie einen neuen Zugang brauchen, um sich selbst auf die Spur zu kommen. "Es geht nicht durch den Kopf. Es geht nur durch den Körper", sagt Eva-Maria Zurhorst, die eine neue Frauenbewegung ausrufen will, so verbreitet sei der Schmerz über die verlorene Weiblichkeit. "Im Kopf", so Zurhorst, "sind wir mindestens so schlau wie die Männer." Die Emanzipation hat uns weit gebracht. Auch weit weg von uns selbst. Denn: "Empfänglichkeit, Wildheit, Empfindsamkeit - das macht das Leben schön." Das ist das weibliche Prinzip. Das will ans Licht. Ein erster Schritt: "Innehalten - Abstand vom Alltagskrempel", sagt sie. Bewusst und mit aller Macht zurück. Zurück zu dir.

Sex und Erotik sind Selbstverständlichkeiten, wenn sie nach der Pubertät erst einmal erwachen. Denken wir. Wir zehren davon, benutzen sie. Haben Jugend, haben Männer, haben Sex. Und Kraft und Gesundheit. Und können drei Nächte ohne Schlaf durchmachen. Die Batterien sind voll am Start des Frauenlebens. Wir ahnen nicht, dass sie Nahrung brauchen werden. Eines Tages. Und dieser Tag ist jetzt.

Wir sind ein Stück von uns abgerückt.

Wir haben unsere Aufgaben erfüllt. Als berufstätige Frau, als Mutter, als Partnerin. Es ist viel, was die Emanzipation uns aufgegeben hat. Viel Anspruch. Viel Starksein. Viel Konkurrenz. Viel Kampf. Weiblichkeit, Hingabe, Weichheit, Schönheit, Verletzlichkeit - alles, was eine Frau ausmacht, im Unterschied zu einem Mann -, das war Sache der Biologie, das war von allein da. Irrtum.

Jetzt, da wir funktioniert haben, da die Familie läuft, der Beruf installiert ist, der Mann nicht mehr das Zentrum des Glücks sein muss - jetzt fällt es auf: Wir sind ein Stück von uns abgerückt. Geschafft, könnte man sagen und anfangen, Babymützchen zu stricken. Für die Enkel.

Aber so sind wir nicht. Wir sind immer noch Frauen. Schöne Frauen. Lebendige Frauen. Frauen, die so gelebt haben wie wir, aus dem Vollen, oft am Leistungslimit - die treten jetzt nicht vorzeitig zurück in die dritte Reihe und warten auf Arthrose und den Platz im Seniorenheim. Nein, die haben noch was vor mit sich.

Zeit, sich um das Leben zu kümmern

Warum ist es ein Schock - und zugleich eine Erleichterung -, wenn eine von uns krank wird, wenn gar eine plötzlich stirbt? Nicht weil du froh bist, dass es dich nicht erwischt hat. Nein, du weißt genau: Es hätte dich sehr wohl treffen können. Und du spürst, wie es Zeit wird. Zeit, sich zu kümmern um dein Leben.

Trauer und Verluste - auch das gehört zu dieser Lebensphase, so wie damals kein Geld und die erste Wohnung. Jetzt geht's an tiefere Schichten des Lebens. Jetzt weiß etwas in uns: Du kannst nichts verschieben. Jetzt ist heute. Und heute ist alles, was du hast.

Sinnlichkeit aus Melancholie? Ja. Auch. Sinnlichkeit mit allen Sinnen. Wer Gefühle sortiert, ausgrenzt und wegschiebt, der nimmt nicht das ganze Leben in seiner Fülle an. Der will nur die Garnierung von der Bratenplatte. Die macht nicht satt und nicht froh. Überhaupt ist kontrolliertes Vermeiden der größte Feind der Sinnlichkeit. Wir weichen den Stößen und Puffen aus, ducken uns weg vor Zumutungen, werden vorsichtig, vielleicht auch hart. Checken Menschen, checken Potenziale, checken Chancen. Der Kopf immer vorweg. Der Körper als Geisel hinterdrein. Erkennt das Hirn eine Verlockung, wird der Körper eingesetzt, um an die Belohnung zu gelangen. Als Mittel. Dumm nur, dass er jetzt nicht mehr so glänzt wie einst. Wir sind ihm gram. Hängebusen, Kullerbauch, die neuzeitliche Erfindung Cellulite - wie soll man damit Staat machen? Und Sex?

Wenn du so denkst, kannst du es genauso gut lassen. Der Körper ist kein Mittel zum Zweck. Er ist dein Leben. Mit allen seinen Schönheiten und Nachteilen. Wer sagt, dass es Nachteile sind - das sagen nur unsere Definitionen, ungesunde Bilder. Selbstabwertung: Unsexy hoch zehn!

Sind wir sexy, auch ohne jung und perfekt zu sein? Und was ist denn überhaupt sexy?

"Unangepasstheit und Unabhängigkeit sind zum Beispiel sexy", sagt die Aachener Sexualwissenschaftlerin Ulrike Brandenburg. Sie wünscht uns, dass wir "den Teufelskreis der Scham verlassen". Dass wir die gesellschaftliche Norm zurückweisen, die nicht mehr junge Frauen abwertet. "Jede kann sich entscheiden: Gehöre ich zu der Schar der Unsichtbaren, nicht mehr Begehrenswerten? Oder bin ich stolz auf mich, so wie ich bin?" Es geht vor allem um Persönlichkeit. Und nicht um die Furcht, was andere von uns denken. "Sich außerdem die Tränensäcke wegmachen lassen - das ist auch in Ordnung", sagt Brandenburg. Du kannst alles tun, was du willst, Hauptsache, du traust dich. Und vertraust dir. Bestandene Gefahr ist sexy, warum sonst gehen Leute Bungee- Springen? Grenzen verschieben ist sexy. Nur so erklären sich One- Night-Stands. Selbstsicherheit ist sexy. Das Spiel mit der eigenen Erotik ist sexy.

Wechseljahre wirbeln alte Sehnsüchte wieder auf

Die Wechseljahre - eine unsexy Zeit? Eine Barriere vor dem Vollgefühl der Weiblichkeit? Die Libido nimmt vielleicht ab, der Körper verändert sich. Einiges passiert, was dir einen Schreck einjagt. Aber vieles ist gar nicht hormonell programmiert. Vieles ist hausgemacht. Aus Furcht, aus Unkenntnis, aus veralteten Normen und falschen Erwartungen. "Wechseljahre", sagt die Münchener Psychotherapeutin Andrea Kaffka, "sind produktiv, sie sind Wandeljahre. Die alles durchpflügen. Die alte Sehnsüchte aufwirbeln. Fast vergessene Gelüste wecken." Die Langzeit-Ehe mit dem kargen Pflichtprogramm vorm Einschlafen - sie bekommt ein Fragezeichen. Was ist drin in der gereiften Beziehung zum Mann? Fühlt auch er diese Unruhe, die Lust, etwas zu ändern?

Oft scheint es leichter, die Erfüllung neuer Lust im Außen zu suchen. Die angegrauten Männer mit den jungen Geliebten, sie sind auf der Flucht vor einer Wahrheit, nämlich dass erotische Lebendigkeit eben nicht von außen kommt, sondern von innen. "Unsere sexuelle Kraft lernen wir erst ungefähr ab dreißig richtig kennen, ab vierzig ist sie dann voll da", sagt Kaffka. "Ab jetzt wird Ausstrahlung immer wichtiger. Die kann jede haben, die kommt von innen, nicht von außen." Ausstrahlung - Trostpreis für Falten und Speck? "Nein", sagt die Therapeutin, "natürlich können wir alles für unser gepflegtes Äußeres tun, alles, was uns gut tut, was uns ein besseres Körpergefühl gibt." Hauptsache, du bleibst entspannt: Ob du für einen flachen Bauch trainierst oder teure Cremes einklopfst oder Haare färbst. Einen Salsa-Kurs anfängst oder regelmäßig für Gäste kochst. Du findest dein eigenes Wohlfühl- Management, wenn du es willst. Viel kommt nun in Bewegung. Innen, weil du aufräumst, spürst, annimmst. Und außen, weil du losgehst, strahlst, neue Kontakte, frische Eindrücke findest.

Du gehst beispielsweise in einen Schuhladen und kaufst dir mal wieder Hochhackige. Ein Kichern in der Kehle beim Bezahlen, das Gehen auf dem Bürgersteig dann ungewohnt. Du bist ganz Bein. Und der Gang wird sicherer. Du reckst die Schultern, den Hals. Kommst in Schwung, genießt die Bewegung. He, seht her, ich habe feste Waden und kraftvolle Oberschenkel. Du spürst, wie sie dich tragen, diese Beine. Wie sexy du gehst. Und du hast es zurück, das gute Gefühl für dich selbst.

Darum kaufen Frauen so gern Schuhe! Sie wollen neue Wege mit ihnen gehen. Neue Schuhe und neue Wege sind sexy.

Es geht auch ohne Einsatz der Geldkarte. Du liegst auf dem Sofa, denkst an etwas Schönes, etwas, was dir Lust macht. Du streichelst mit der einen Hand die andere. Du spürst die Feinheit der Haut, Altersflecke sind nicht fühlbar. Du schließt ja eh die Augen. Und wohnst in dir. Behaglich. Sinnlichkeit - pling, da ist sie wieder. Du gibst dich hin, dem Moment, dem Glück, dich selbst zu haben. Sinnlich ist alles, was die Sinne reinholen: hören, sehen, spüren, schmecken, riechen. Schärfe deine Sinne. Zuerst die für dich selbst. Berühre dich, aber nicht funktional, weil du Bodylotion einmassieren willst. Berühre dich, weil du es magst. Dann lass dich berühren. Von einer besonders schönen Musik. Von Gefühlen, die sich lösen, die aufsteigen.

Du musst deinen Körper begehren

Sinnlich, sexy, begehrenswert. Es sind Entscheidungen, die du für dich selbst treffen kannst. Zuerst muss das eigene Begehren da sein. Das Leben begehren, den eigenen Körper begehren. Der Mann als Begehrender - der kommt dazu. Entweder der, der schon da ist. Er schnuppert die mooshafte Frische, die von dir ausgeht. Und er sieht deine neuen Schuhe. Wenn er nach dem Preis fragt, lachst du ihn aus. Falsche Frage. Sind sie nicht schön an deinem Bein?

Oder es kommt ein Neuer. Angelockt wie ein schwerer Brummer von der voll erblühten Sonnenblume. Der Brummer spürt, ob du Nektar gibst. Der Brummer guckt nicht halb so kritisch wie du, Hauptsache, deine Blütenblätter sind voll aufgespannt. So dass er einschweben kann.

Oder es gibt keinen Mann, weil du nicht jeden daherfliegenden Brummer bei dir landen lässt. Auch gut. Dann schaukelst du in der Sonne. Lässt das Kleid vom Wind an deine Oberschenkel pressen und spürst, wie die feine, die ewige Melodie der Erotik deinen Körper, alle deine Zellen durchzieht. Wie damals, als die Kleider noch viel kürzer waren...

Text: Vera Sanberg

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