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Wenn Geld zum Beziehungskiller wird

Mann und Frau schreien sich über ein Sparschwein an
© pathdoc
Streit um Geld ist der häufigste Grund, warum Beziehungen zerbrechen. Wie ein Paar trotz unterschiedlicher Auffassungen über Geld um seine Liebe ringt.

Sie wissen beide noch genau, wann sie im Rausch der ersten Verliebtheit ein Gefühl von Ernüchterung spürten. Rolf Kleimann* erinnert sich: Nach einem ausgelassenen Restaurantbesuch schlenderte er mit der wunderbaren Frau, in die er sich verliebt hatte, an einem Fahrradladen vorbei. Sie sagte: "Was für ein schönes Rad. Das hätte ich gern. Aber erst muss ich meine Schulden bezahlen."

Schulden - das Wort traf ihn wie ein Fausthieb. Während es in seinem Kopf ratterte, sagte sie leichthin: "Ach, vielleicht krieg ich das trotzdem hin." Er war fassungslos. Etwas kaufen trotz Schulden?! Er fragte nach. Erst sprach sie von 3000 Euro, dann kam heraus, dass da noch mehr war. "Innerlich ging ich in dem Moment auf Abstand", sagt er. "Ich dachte, jetzt musst du vorsichtig sein."

Das war vor zwei Jahren. Seitdem ringen Rolf Kleimann, 47, und Martina Matz*, 44, um ihre Liebe. Zusammenziehen? Heiraten? Gemeinsam eine Wohnung kaufen? Die Wunschträume während der ersten Verliebtheit bekamen immer wieder einen Dämpfer. Mit der Zukunftsplanung sind beide vorsichtig geworden, auch wenn sie zusammenbleiben wollen.

Der unterschiedliche Umgang mit Geld kann eine Beziehung sprengen

Sie findet ihn manchmal "krümelkackerisch, sicherheitsfixiert und engstirnig". Er hält sie für blauäugig und verschwenderisch. Die Crux am Thema Finanzen und Liebe: Es geht nie nur ums Geld. Sondern um Vertrauen, Misstrauen, Ängste, Kontrolle und unterschiedliche Wertesysteme.

Getrennte Konten oder gemeinsame Kasse? Asienreise oder Fahrradurlaub? Bioladen oder Aldi? Wer zahlt im Restaurant? Wer entscheidet, was angeschafft wird? Soll der Besserverdiener mehr Fixkosten übernehmen? Diese Fragen können zur Zerreißprobe werden. Denn jeder bringt seine eigene Finanz-Biografie mit.

Dass zwei auf die gleiche Art mit Geld umgehen, ist relativ unwahrscheinlich. Oft ziehen sich gerade die Gegensätze an. Wie bei Rolf Kleimann und Martina Matz. "Als kämen wir aus zwei Sternensystemen und müssten uns auf einen Planeten einigen, auf dem wir beide leben können", scherzt er manchmal.

Rolf Kleimann ist Qualitätsfachingenieur mit regelmäßigem Gehalt, inklusive Weihnachtsgeld, einem gut gefüllten Girokonto, Sparverträgen und einer stabilen Altersvorsorge. Schulden hatte er noch nie. "Ich habe ein starkes Sicherheitsbedürfnis und war immer vernünftig: Vernunfturlaub, Vernunftauto, Vernunftwohnung."

*Name von der Redaktion geändert

Martina Matz arbeitet als selbständige Personaltrainerin und Psychotherapeutin. Sie hat ihre beiden Töchter allein großgezogen. Beruflich sattelte sie mehrmals um und ist gewohnt, mit ihren Finanzen zu jonglieren. "Zuerst hab ich gar nicht verstanden, wieso er sich den Kopf über mein Konto zerbricht."

Doch ihre Schulden ließen ihm keine Ruhe. Er ertrug ihr "Finanzchaos" einfach nicht. Dann tat er etwas, was er niemals von sich gedacht hätte. Er bot Martina Matz an, einen Kredit über 20.000 Euro für sie aufzunehmen, damit sie ihre Verpflichtungen auf einmal begleichen konnte. Ihm sollte sie dann 500-Euro-Raten zurückzahlen.

"Ein großer Fehler", sagen beide rückblickend. Der Kredit, der eine Befreiung sein sollte, lastet seitdem auf ihrer Liebe und droht sie zu erdrücken. Nachdem Rolf Kleimann unterschrieben hatte, konnte er nächtelang nicht schlafen. "Ich hatte immer dasselbe Bild. Martina und ich rudern bei Sturm übers Meer, das Boot kippt um, und ich saufe ab." Bald passierte genau das, was er befürchtet hatte. Es gab Monate, in denen ihr Aufträge wegbrachen und sie ihre Rate nicht pünktlich zahlen konnte. Er bekam Panik. Sie rutschte in die Rolle der Abhängigen.

Streit um Geld hat meist tieferliegende Gründe

Geld ist ein mächtiges Symbol und untrennbar mit Gefühlen verbunden. Es dient als Garant für Sicherheit, als Liebesersatz, Ausdruck für Anerkennung, Maßstab für Erfolg und als Inbegriff für Freiheit und Unabhängigkeit. Hinter einem Disput über Euro und Cent stecken meist tiefer liegende Meinungsverschiedenheiten und Fragen. Kann ich ihm vertrauen? Bringt sie genauso viel in unsere Beziehung ein wie ich? Behalte ich meine Freiheit? Ist unsere Liebe wirklich tragfähig? So kann Geld zum Beziehungskiller werden. Jedes dritte geschiedene Paar in Deutschland gab als Hauptgrund Zoff um den Zaster an.

Weil Martina Matz und Rolf Kleimann nicht zulassen wollten, dass ihre Liebe am Geld scheitert, holten sie sich professionelle Hilfe. Martina Matz ließ sich von einer Unternehmensberaterin ihre Finanzen ordnen. Sie weiß jetzt genau, wie viel sie monatlich einnehmen muss und was sie sich leisten kann. Das beruhigt ihn. Rolf Kleimann holte sich Rat bei einer Psychologin. Die ermunterte ihn, den Kredit als positives Zeichen für sein gewachsenes Vertrauen zu sehen. "Danach war ich stolz, dass ich mal meine Sicherheitszone verlassen und für die Liebe etwas riskiert habe."

Ein guter Anfang. Denn eigentlich könnten sich Martina Matz und Rolf Kleimann gut ergänzen. Sie verkörpert Risikofreude, Lebenslust und Mut. Dinge, die er bei sich manchmal schmerzlich vermisst. Er steht für Ordnung und Bodenhaftung, die sie wiederum dringend brauchen könnte. Ob die beiden es langfristig schaffen, den Geldstil des anderen zu akzeptieren, wissen sie noch nicht. Alles hängt davon ab, ob sie gemeinsamen einen neuen Weg finden, der beide bereichert.

Text: Birgit Schönberger

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