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Beziehung Mein Mann geht fremd? Das sitze ich aus!

Beziehung: Mein Mann geht fremd? Das sitze ich aus!
© Shutterstock / sirtravelot
Wie schafft man es, einem Partner die Treue zu halten, der selbst nicht treu sein kann? Eine Frau erzählt von ihrem Umgang mit seinen Affären.
Text: Evelyn Holst

Es war die Abwesenheit von Geruch, die mir zeigte, wenn Georg von einer anderen Frau kam. Weil er aus Rücksichtnahme auf mich immer duschte, bevor er spätnachts zu mir ins Ehebett stieg.

Wie mein Herz klopfte, wenn er dann, meist blitzschnell, eingeschlafen war und ich mich vorsichtig über ihn beugte, um zu erschnüffeln, ob er nach gar nichts, sprich: nach Fremdgehen roch. Oft habe ich dann sein friedlich schlafendes Gesicht beobachtet, während mir das Herz brach und gleichzeitig die heiße Wut in mir hochstieg.

Er hat mich unzählige Male betrogen

Wie erklärt man anderen Menschen die Liebe zu einem Mann, der einen im Laufe einer 27-jährigen Ehe unzählige Male betrogen hat?

Wann immer ich es auch nur ansatzweise versucht habe, bin ich auf absolutes Unverständnis gestoßen. Immer sind Sätze wie "Das hast du doch nicht nötig" oder "Dass du dich so erniedrigen lässt!" gefallen.

Immer ging es mir richtig schlecht danach. Also hab ich die dunkle Seite meiner Ehe für mich behalten und der Außenwelt nur die helle gezeigt. Das beruflich erfolgreiche Architektenehepaar mit zwei gut gelungenen Söhnen.

Das gastfreundliche, gemütliche Haus, die Sommerfeste in unserem Garten, ja, die Fassade stimmt. Aber, und genau da liegt mein Dilemma, eben nicht nur die. Vom Sexuellen mal abgesehen, sind Georg und ich noch immer ein Traumpaar.

Ich weiß, dass er mich nicht verlassen wird

Wir reden, wir lachen, wir reisen und kochen miteinander, noch nie haben wir uns miteinander gelangweilt. "Mein Lebensmensch", nennt mich Georg, und ich weiß inzwischen mit knochentiefer Sicherheit, dass er mich nie verlassen wird.

Vermutlich wird er mich seit seinem vierten Bypass vor sechs Monaten auch nicht mehr betrügen. Aber selbst wenn, wäre das kein Trennungsgrund mehr.

"Monogamie wird überbewertet" - als ich diesen Satz zum ersten Mal hörte, stand Georg nackt vor meinem Herd und zeigte mir, wie man das perfekte Risotto kocht.

Es war nicht die Optik, die mich an ihm faszinierte, Georg ist klein und früh verglatzt und hatte schon damals ein kleines Bäuchlein. Aber er hatte dieses "Mit mir wirst du Spaß haben"-Funkeln in den Augen, das alle Frauen in seiner Gegenwart einfach "anknipst".

In seiner Gesellschaft fühlen sie sich jung, schön, begehrenswert. Natürlich ist Georg ein begnadeter Liebhaber. Bevor ich ihn kannte, hat mir Sex nie viel Spaß gemacht. Die ersten Monate mit ihm waren deshalb fast unwirklich schön.

Fremdgehen in der Ehe: Wann hat das angefangen?

Aber dann hatte ich das Bedürfnis, unsere sexuelle Intensität etwas zu lockern, etwas mehr Alltag in unser Leben zu bringen. Ich hatte einfach weder Lust noch Kraft auf jede Nacht Sex bis in die frühen Morgenstunden. Und dann wurde ich schwanger. Schlapp und müde. Keine Lust auf Sex.

Ich merkte, dass Georg unruhig wurde, dass die Leichtigkeit zwischen uns verloren ging, ich ahnte, woran es lag, aber ich verdrängte. Solange wir nicht darüber redeten, war meine Angst vielleicht nur ein Hirngespinst.

Kurz vor der Geburt kam er nach einem Geschäftsessen erst um drei Uhr morgens nach Hause. Ich war so fertig, dass ich ihm eine Riesenszene machte. Und er mich mit den üblichen "Zu viel getrunken, Zeit vergessen"-Lügen beschwichtigte.

Ich fühlte mich hässlich

Ich glaubte ihm, weil ich ihm glauben wollte. Natürlich ging es weiter. Er war nicht erreichbar, er steckte im Funkloch, er kam spät nach Hause, seine "Geschäftstermine" häuften sich.

Ich war wieder schwanger, fühlte mich dick und hässlich, es herrschte Flaute in unserem Ehebett. Ein paarmal raffte ich mich zu dem auf, was Georg dann die "eheliche Frustnummer" nannte, was auch stimmte, denn es fühlte sich freudlos an. Kurz darauf fand ich, wie in einem schlechten Film, eine Rechnung über ein Doppelzimmer, dazu die passende Restaurantrechnung.

Es war eindeutig, dass er mich betrog. Und das erste und letzte Mal in unserer Ehe, dass wir darüber sprachen.

"Warum setzt du unsere Ehe aufs Spiel?"

heulte ich. Und Georg nahm mich in die Arme und heulte mit. Aber danach sagte er: "Du musst dich damit abfinden, dass ich nicht treu sein kann. Es ist nicht nur der Sex, es ist die Jagd, die Eroberung, dieses Mit-allen-Sinnen-lebendig-Sein. Das kann mir eine Frau allein nicht bieten. Alles andere bekommst du von mir – meine Freundschaft, meine Loyalität, mein Geld. Wenn du darauf bestehst, dass ich dir sexuell treu bin, trenne ich mich von dir. Aber wenn du es aushältst, verspreche ich dir, dass ich dich nicht damit belaste."

Das war natürlich naiv. Und hart, sehr hart. In dieser Phase habe ich versucht, mit meinen Freundinnen darüber zu reden, und schnell gemerkt, dass ich mit dem Problem allein war.

Von einer wusste ich, dass ihr Mann sie seit Jahren heimlich betrog - war das die bessere Variante? Mir war klar, dass ich mich entscheiden musste.

Und die ersten Jahre war ich sehr oft sehr dicht davor, mich zu trennen.

Weil ich es einfach nicht aushalten konnte, wenn Georg fröhlich mit den Kindern spielte, etwas kochte, mich liebevoll in die Arme nahm, und ich ganz genau wusste, dass er gerade von einer anderen Frau kam. Dass er umso netter zu mir und den Kindern war, wenn er vorher eine gute Zeit im Bett hatte. Manchmal so energiegeladen und aufgekratzt war, dass er auch noch Lust auf mich hatte. Und ich manchmal sogar darauf einging. Das hat mich oft an meine Grenzen gebracht. Gehen wollte ich trotzdem nicht.

Ist Fremdgehen denn schlimmer als Gleichgültigkeit oder Geiz?

Wir hatten inzwischen ein sehr erfolgreiches Architektenbüro auf die Beine gestellt, in dem ich halbtags mitarbeitete, die Kinder liebten ihren Vater abgöttisch, und auch zwischen mir und Georg stimmte ja eigentlich das meiste - es ging uns gut.

Wie oft habe ich mir die ehelichen Klagelieder meiner Freundinnen angehört. Der eine trinkt oder raucht zu viel. Einer liegt nur noch auf dem Sofa und sieht fern, der andere kümmert sich nicht um die Kinder. Irgendwas ist immer. Keine Ehe ist perfekt. Und Georg braucht Sex einfach sehr viel mehr als ich.

Natürlich gab es Tiefpunkte. Einmal war es etwas Ernsteres, Georg war ganz weit weg, auch wenn er mit uns am Küchentisch saß und Uno spielte. Da habe ich gemerkt, wie groß meine Angst war, ihn zu verlieren. Ich habe ihn in die Arme genommen und einfach nur "Bleib bei uns" zu ihm gesagt. Kurz darauf war die Sache zu Ende.

Als ich nach Georgs vierter Bypass-OP an seinem Krankenbett saß, nahm er nach Minuten des Schweigens meine Hand und flüsterte: "Ich fürchte, dein alter Wolf ist zahnlos geworden."

Klingt es zynisch, wenn ich sage, dass dies für mich einer der schönsten Momente in unserer Ehe war?

Ein Artikel aus der BRIGITTE Woman Brigitte

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