Haferschleim hatte Jane Fonda zum Frühstück. Und noch kein Workout. Dafür hätte die Zeit auf ihrer Berlin-Stippvisite nun leider wirklich nicht mehr gereicht. Schließlich will sie mal was sehen von der deutschen Hauptstadt, das Brandenburger Tor anschauen und das Holocaust-Mahnmal. Und sie muss arbeiten: Interviews geben als Markenbotschafterin des Kosmetikkonzerns L'Oréal Paris. Selber schuld, wenn man mit 75 so schwungvoll und schön ist wie die Film- und Fitness-Ikone. Mit zum Verrücktwerden lässiger Rauchstimme erklärt Fonda, was sie übers Leben gelernt hat.
"Ich habe mit Anfang sechzig, nach meiner Trennung von Ted Turner, realisiert: Ich war in all meinen drei Ehen nie ich selbst, ich habe immer eine Rolle für meine Männer gespielt, von der ich annahm, dass sie ihnen gefällt. (Anmerkung der Redaktion: Fonda war mit Regisseur Roger Vadim, Politiker Tom Hayden und zuletzt mit Medienmogul Ted Turner verheiratet.) Ich war gefallsüchtig und habe mich selbst dabei zurückgelassen. Nach der Trennung habe ich erst mal herausgefunden, wer ich eigentlich bin. Das war harte Arbeit. Aber ich wusste am Ende endlich, dass ich keinen Mann brauche, um mich komplett zu fühlen. Und ich habe zum ersten Mal das unschöne Gefühl meiner Kindheit, dieses ‚Du musst perfekt sein, um geliebt zu werden', abstreifen können. Endlich habe ich verinnerlicht, dass ich okay bin, so wie ich bin. Es war ein langer Prozess, der mich stärker und zufriedener gemacht hat."
"Für ,Prime Time' (Anmerkung der Reaktion: Fondas Buch über Freundschaft, Fitness, Liebe und Sex jenseits der sechzig, bisher nur auf Englisch über www.amazon.com) habe ich Studien gelesen, dass die meisten Menschen über fünfzig glücklicher sind als jemals zuvor. Ich denke, das liegt an der Lebenserfahrung, man muss sich nicht mehr so aufregen, weil man weiß, dass man Krisen übersteht und gestärkt aus ihnen hervorgeht."
"Ich darf Ihnen verraten, dass ich eigentlich gar nicht gern über den roten Teppich gehe. Es hilft mir, so zu tun, als sei ich Gwen Stefani. Die legt einfach die coolsten Auftritte hin. Und Körperspannung ist wichtig für die Ausstrahlung. Ich trainiere rund fünfmal die Woche, Yoga, Krafttraining, Walking, und ich tanze Swing mit meinem Freund Richard Perry."
"Wenn man jung ist, geht Sex ja meistens so: ‚Wham-bam, thank you, M'am!' Ich finde, im Alter kann man sich das getrost sparen und es gelassen angehen. ,Slow down' ist ein gutes Sex-Mantra für Frauen, es wird dann viel besser. Außerdem wird Intimität intensiver, wenn man sich wirklich liebt."
"Wir müssen die Gewalt gegen Frauen stoppen. Dafür kämpfe ich, weil ich diese Welt besser machen will. Eve Ensler, die Initiatorin des internationalen Flashmobs ,One Billion Rising', der auf die Gewalt gegen Frauen aufmerksam machte, hat mich sehr beeindruckt. Ich habe sie unterstützt mit einem Aufruf auf meiner Homepage."
"Ich war keine gute Mutter. Manchen Frauen ist das ja gegeben, mir aber damals nicht. Ich wusste einfach nicht, wie. Großmuttersein ist für mich wie eine zweite Chance: Jetzt versuche ich, die damals verpasste Zuwendung meinen Enkeln zu geben. Ich fliege gleich nach meinem Berlin-Besuch zu ihnen nach Atlanta. Ich liebe es wirklich sehr, Großmutter zu sein."
"Dass ich Schönheits-OPs habe machen lassen, dazu stehe ich - meine Augenlider und die Tränensäcke zum Beispiel. Ich bin nicht stolz darauf. Aber wenn man sich dafür entscheidet, gilt: Übertreib's nicht! Man sieht so viele Frauen in den USA, die ihr Gesicht ruiniert haben, weil sie zu viel unterspritzt haben. Man braucht einen guten Beauty-Doc - es gibt viele Pfuscher. Wenn die Leute zu dir sagen: ,Du siehst aber erholt aus', dann ist es richtig gelaufen."
"Wenn ich für meine Bücher recherchiere und dabei spannende Dinge erfahre, will ich die am liebsten mit allen Menschen teilen, die mir am Herzen liegen. Ich bin eigentlich die geborene Lehrerin. Zurzeit lese ich ,Vermächtnis: Was wir von traditionellen Gesellschaften lernen können', ein hochinteressantes Buch von Jared Diamond, einem sehr klugen Anthropologen, sehr beeindruckend. Schauen Sie da mal rein!"
"Natürlich achte ich auf gesunde Ernährung. Heute früh gab's Haferschleim und heiße Zitrone, ich verzichte auf Weizenmehl und auf Kaffee. Dafür gibt's viel Fisch und nur helles, kein rotes Fleisch."
"Ich wollte immer auf den Kilimandscharo steigen, ein Reisetraum von mir. Aber ich musste einsehen, dass das nach meiner Knie-OP nicht mehr geht. Ich tauche jetzt stattdessen, das ist auch ein schönes Abenteuer und viel schonender für meine Knie."
Jane Fonda, die Vielseitige
Die zweifache Oscar-Gewinnerin (für "Klute" und " Coming Home") wird 1937 in New York als Tochter des Filmstars Henry Fonda und dessen zweiter Frau Frances Seymour Brokan geboren. Nach dem Freitod ihrer psychisch kranken Mutter 1950 lebt Fonda mit ihrem Bruder Peter, später auch ein berühmter Schauspieler, bei der Großmutter. Ihre Filmkarriere startet 1962 mit "Je länger, je lieber". 1967 avanciert sie als "Barbarella" zum Sexsymbol, in den 70ern ist sie in der Friedensbewegung aktiv, und in den 80ern wird sie zur Leitfigur der AerobicSzene. Derzeit gibt sie in der US-Serie "The Newsroom" eine toughe Medien-Mogulin. Mit Musikproduzent Richard Perry, 71, lebt sie in Beverly Hills. Für L'Oréal Paris wirbt Fonda für die Anti-Falten-Pflege "Age-Perfect".