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Mehr Durchsetzungsvermögen im Job: So gelingt's

Wer im Job was erreichen will, muss sich behaupten. Kommunikationstrainerin Deborah Ruggieri erklärt, wie Sie mehr Durchsetzungsvermögen bekommen.
Deborah Ruggieri
trainiert und coacht Menschen mit dem Ziel, sich stark zu fühlen, die eigenen Ressourcen zu entdecken und sie auch zu zeigen. Die 43-Jährige hat Politik und Kulturwissenschaften studiert und interessiert sich vor allem für Finanzmärkte und Geschlechterfragen. Deborah Ruggieri arbeitet u. a. mit den Methoden des Impro-Theaters, also Rollenspielen in einem ironischen Rahmen. Sie lebt in Berlin.
© Nadja Wehling

BRIGITTE WOMAN: Ich habe kein Business-Kostüm, aber manchmal Termine mit Anzugträgern. Sollte ich mich verkleiden, um Eindruck zu machen?

DEBORAH RUGGIERI: Das ist nicht nötig. Natürlich spielt Status im Berufsleben eine Rolle. Er kann aber auch ohne Symbole auskommen.

Einmal zur Klärung: Was ist Status überhaupt?

Es gibt den sozialen Status, die Stellung in einer Gesellschaft. Und es gibt Statusverhalten in der Kommunikation, da geht es um das alltägliche Verhalten der Menschen anderen gegenüber. Wenn zwei aufeinandertreffen, checkt jeder sofort ab: Wer nimmt den höheren Status ein?

Wonach entscheidet sich das?

Kleidung und Accessoires geben allenfalls Orientierung. Entscheidend ist die Körperhaltung, die Stimme, wie jemand spricht und was er sagt. Das alles ist Kommunikation, und sie transportiert, grob gesagt, Hochstatus oder Tiefstatus. Allerdings geschieht das meist unbewusst.

Warum vergleichen wir automatisch unseren Status?

Vergleichen ist zutiefst menschlich. Und je mehr wir uns über Beruf und Karriere definieren, desto wichtiger wird Status. Früher wurden Menschen in eine Klasse oder Schicht hineingeboren und blieben dort. Heute gibt es bei uns das Versprechen der sozialen Mobilität: Theoretisch kann jeder aufsteigen und einen höheren Status erwerben.

In Wahrheit gibt es Eliten, in die man kaum reinkommt.

Die Finanz- und Informations-Eliten haben Macht und prägen Leitbilder, die mit Status verknüpft werden und mit bestimmten Symbolen. Daher die Uhr und die Villa. Gegenkulturen können das aber auch. Die Klamotten, die ich als Punk trug, landeten später sogar auf den Laufstegen.

Heißt das, jede Schicht hat ihre Symbole, und am besten, man bleibt unter seinesgleichen?

Symbole sind nicht alles, wie gesagt. In Netzwerkgesellschaften, in denen wir heute zunehmend leben, sind gute Beziehungen wichtig. Gut kommt man mit anderen Menschen aus, wenn man Statusflexibilität an den Tag legt.

Das müssen Sie erklären.

Wenn man nur im Hochstatus ist, wird man respektiert, aber nicht unbedingt gemocht. Wer andere für sich gewinnen will, muss fähig sein, auch mal in den Tiefstatus zu gehen. Das geschieht auch, Sie können diese "Statuswippe" im Alltag beobachten.

Wo zum Beispiel?

Chauffeur und Chefin im Auto. Die Chefin sagt, sie muss in zehn Minuten da und da sein. Sie ist im Hochstatus. Sie fahren los, die Chefin lehnt sich zurück und fängt an zu plaudern. Über Fußball. Da kennt sich der Chauffeur besser aus: Fachwissen gleich Hochstatus. Die Chefin fragt interessiert nach, also ist sie jetzt im Tiefstatus. Bis sie sagt: So, jetzt drücken Sie aber mal auf die Tube! Das ist ein Klassiker aus dem Buch "Status-Spiele", wobei ich aus dem Chef gern eine Frau mache.

Fachwissen ist also ebenso Hochstatus wie teure Designerschuhe...

... aber in beiden Fällen gilt: nicht übertreiben. Wer ständig sein Fachwissen heraushängt, den Besserwisser gibt, die anderen in den Tiefstatus drängt, wird quasi automatisch von ihnen angezählt und isoliert. Gut, wenn jemand, der tatsächlich viel weiß, auch mal sagen kann: "Da haben Sie recht" oder "Das wusste ich nicht". Das zeugt von Statusflexibilität und macht sympathisch. Kommunikation gelingt sowieso nur, wenn die Chemie stimmt.

Sie waren für Attac in finanzmarktpolitischen Gremien, da sitzen überwiegend Männer, für die Wissen Status ist.

Auf jeden Fall sitzen da Leute, die gern auf ihre unumstößliche Kompetenz pochen. Auch in der alternativen Szene, sogar unter Revoluzzern und Punks, wird mit Status gespielt, und dort gibt es genauso Machos.

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© Nadja Wehling

Das schüchtert ein.

Mich fordert es heraus. Es macht Spaß, auf die Statuswippe zu gehen ...

... erfordert aber auch Selbstbewusstsein. Und wenn ich das nicht habe? Wie spiele ich dann lockerflockig mit Status?

Kommt darauf an, was Sie erreichen wollen.

Ich möchte ernst genommen werden. Auch als kleine blonde Frau in Jeans und Jackett, die einem Mann in Nadelstreifen aus der Geld-Etage gegenübersitzt und glaubt, dass sie was zu sagen hat.

Glauben oder wissen Sie das? Das ist entscheidend. Viel wichtiger als die Kleidung ist Ihre innere Einstellung: Ich will hier jetzt etwas erreichen. Dafür konzentrieren Sie sich lieber auf sich selbst, auf Ihr Anliegen und ihre Stärken als auf Ihr Gegenüber. Sie machen sich stark.

Wie denn?

Was können Sie besonders gut?

Das kann ich nicht spontan sagen.

Was würde Ihre beste Freundin sagen? Das frage ich die Leute, die ich trainiere, und dann zählen sie sofort indirekt ihre Stärken auf. Oder ich frage: Gab es mal eine Situation, in der Sie richtig stolz auf sich waren? Wo Sie sich stark gemacht haben, für Ihr Kind zum Beispiel? Und schon während die Leute daran denken, richten sie sich auf. Auf einmal sitzt da ein Mensch in einer Powerposition. Und ich sage ihm: Diese Haltung nehmen Sie ein, wenn Sie das nächste Mal Ihrem Chef gegenübersitzen.

Geben Sie keine Kleidungstipps?

Nö. Worin fühlen Sie sich wohl? Was macht Sie stark? Das ist individuell verschieden. Die eine mag Highheels, die andere Rot und die Dritte dunkle Anzüge. Am besten, Sie stehen zu Ihrem Stil.

Egal, was die anderen tragen?

Machen Sie sich bewusst, in welchem Codierungssystem Sie sich bewegen und wie Sie sich dazu verhalten. Das hilft, sich zu orientieren und zu entscheiden. Codierung heißt: In einem Unternehmen werden Anzüge getragen, und in einem Start-up werden Sie schräg angeguckt, wenn Sie im Kostümchen antanzen. Und dann entscheiden Sie: Will ich mich anpassen? Oder auffallen und mein Anliegen auf einem schwierigeren, aber mir gemäßen Weg erreichen? Manchmal ist es sinnvoll, die Erwartungen der Umgebung bewusst nicht zu erfüllen.

Die amerikanische Linguistik- Professorin und Bestseller-Autorin Deborah Tannen geht davon aus, dass Männer und Frauen ganz unterschiedlich kommunizieren. Und dass Frauen, um Macht zu erlangen, sich wie Männer verhalten müssen - in der Kleidung, im Auftreten, in der Kommunikation.

So ein Quatsch, so hätte sich nie was verändert! Es gibt nicht die Männersprache und die Frauensprache. Es gibt nur stereotype Zuweisungen - und in den vergangenen Jahren mehr und mehr Neurowissenschaftler, die eben diese Zuweisungen "beweisen". Auch im Business-Coaching hieß es lange: Bloß nicht zu weiblich, bloß keine hohen Schuhe, bloß nicht zu schrill! Ich finde es schön, weiblich bleiben und sagen zu können: "Die Aufgabe will ich! Das Projekt will ich! Den Job will ich!" Das ist Hochstatus: eine offensive, starke Haltung. Die bringt mich weiter.

Das muss man aber können.

Das kann man lernen, und der erste Schritt ist, sich selbst gut zu kennen. Denken Sie an den Satz von Eleanor Roosevelt: "Niemand kann dich dazu bringen, dich ohne dein Einverständnis minderwertig zu fühlen." Erklären Sie sich nicht einverstanden mit Ihrer eigenen Unsicherheit! Sie werden das nicht von einem Tag auf den anderen ändern, es ist ein Prozess. Die Sozialpsychologin Amy Cuddy hat herausgefunden, dass sich bei Menschen, die eine von ihnen selbst als machtvoll empfundene Körperhaltung angenommen haben, der Hormonhaushalt ändert. Sie können sich also selbst stark machen.

Wie kann ich das üben?

Sie fühlen sich, wie ich sehe, wohl mit übereinandergeschlagenen Beinen. Das ist eine Raumreduktion, die signalisiert Tiefstatus. Jetzt breiten Sie mal die Arme über die Lehne.

Okay, aber ich schlage halt auch die Beine übereinander, weil ich einen kurzen Rock anhabe. Und wenn ein Typ neben mir seine Beine breit macht...

... dann stellen Sie Ihre Tasche zwischen sich und ihn, eine möglichst große: Voilà, hier bin ich! Raum greifen ist Hochstatus. Sie könnten auch bewusst widersprüchliche Signale senden: eine ganz leichte Berührung mit der Hand - und dabei lächeln. Wer in den Raum des anderen eindringt, signalisiert Hochstatus. Lächeln ist Tiefstatus. Sie sind also auf der Statuswippe. Gucken Sie mal, was passiert!

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© Nadja Wehling

Hat das typisch weibliche Understatement auch was mit Tiefstatus zu tun?

Understatement kann je nach Kontext auch Hochstatus sein!

Ich denke daran, wie Frauen sich oft kleinmachen.

Da kommen wir zum entscheidenden Punkt. Es geht um Statusspiele, es geht um Ironie. Understatement heißt: Ich bin im Hochstatus, nehme aber eine selbstironische Distanz ein und breche dadurch die Erwartung, die an meine Rolle gestellt wird.

Wie geht das denn?

"Sie hätten den Job also selbst gern?" - "Ich? Wo denken Sie hin, das würde ich nie wagen." Das Augenzwinkern und der Zusammenhang sind wichtig. Es ist sympathisch, spielerisch, es bringt was in Bewegung. Mein Vater kommt aus Italien, da sind Statusspiele ganz wichtig - mit einem Augenzwinkern. Man nimmt das Leben als Theater, als Komödie.

Funktioniert das auch hier, in unserer Arbeitswelt?

Probieren Sie es aus. Es geht letztlich immer um Status, es geht um Macht. Aber nehmen Sie das alles nicht zu ernst. Spielen Sie.

Ich habe schon meine Rollen: im Beruf, als Mutter...

Dann spielen Sie damit! Kinder tun das, ohne darüber nachzudenken. Kennen Sie das Buch "Die Geschlechterlüge" von Cordelia Fine? Sie schildert da eine Szene aus einer Kita: Ein Mädchen will ein Spielzeug, kann sich aber nicht gegen die Jungs durchsetzen. Sie zieht ein Cowboy-Kostüm an - und kriegt, was sie will.

Womit wir beim Thema von eben wären: Das Mädchen kommt zum Ziel, indem es den Jungen spielt.

Es spielt ein Statusspiel mit Stereotypen, mit einem Rollenmantel. So nenne ich das im Coaching. Probieren Sie den mal an, spielen Sie damit! Wir müssen nicht in jedem Moment wir selbst sein. Authentizität wird überbewertet, denn auch davon gibt es mehrere Formen. Was zählt, ist: Welche Werte möchte ich vertreten? Und was ist mir wichtig im Leben?

Was ist Ihnen wichtig?

Ich war mal Punk, ich war mal Betriebsrätin, ich bin für Attac. Ich will eine gerechte Welt. Und Spaß will ich auch. So.

Buchtipps

  • Cordelia Fine: Die Geschlechterlüge. Ü.: Susanne Held, 476 S., 21,95 Euro, Klett-Cotta
  • Tom Schmitt, Michael Esser: Status-Spiele. 240 S., 8,95 Euro, Fischer TB
  • Deborah Tannen: Du kannst mich einfach nicht verstehen. Ü.: Maren Klostermann, 464 S., 9,99 Euro, Goldmann
  • Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Ü.: Achim Russer, Bernd Schwibs, 912 S., 24 Euro, Suhrkamp TB
Text: Nataly Bleuel Fotos: Nadja Wehling, Teaserbild: Burton/Corbis

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