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Was Männer von Schönheits-OPs halten

Schönheits-OP
© Veles Studio / Shutterstock
Stellen Sie sich vor, Sie würden sich die Nase operieren lassen. Oder das Gesicht liften. Was würde Ihr Mann dazu sagen? Würde er sich freuen? Wäre er verzweifelt? Unser Autor beschreibt, was Männer eigentlich so über Schönheits-OPs denken.

Na gut. Sie wollen also wissen, was ich, männlich, 42 Jahre alt, heterosexuell, von Schönheits-OPs bei Frauen halte. Konkret: ob mir Pamela Anderson aufregende Träume beschert. Okay, die ist vielleicht ein extremes Beispiel. Und trotzdem: Was veranlasst Frauen, sich überhaupt chirurgisch aufmotzen zu lassen? Meiner Meinung nach erstens die Männer und zweitens die Konkurrenz. Wobei die Reihenfolge eher umgekehrt lauten müsste.

Eine Studie in Frankreich ergab nämlich, dass die meisten Männer ihre Frauen nach einer Schönheits-OP nicht begehrenswerter fanden als vorher. 62 Prozent der Befragten würden ihrer Partnerin sogar von einem Eingriff abraten. So weit die gute Nachricht, nun die schlechte: Die Mehrheit würde eine Frau wie Pamela Anderson trotzdem gern mal . . . Begründet wurde dieses Verlangen mit den unterschiedlichen Erwartungen, die Männer in Sachen Sex gegenüber ihrer Partnerin und einer Prostituierten hegen. Böswillig interpretiert: Offenbar hat man als Frau die Wahl, ob man von seinem Mann als Partnerin oder als Prostituierte wahrgenommen wird.

Angenommen, meine Freundin käme auf die Idee, sich ein neues Gesicht schneidern zu lassen. Schwierige Situation. Würde ich sagen: "Super, siehst echt schnittig aus?" Oder: "Ist mir egal, solange du dir nicht Seele und Großhirn mit auswechseln lässt?" Und noch mal angenommen, sie täte es heimlich, als Geburtstagsüberraschung. Was dann? Würde ich mich freuen? Würde ich angesichts der Barbiesierung meiner Freundin eine Krise kriegen?

Schon möglich, auch aufgrund der Tatsache, dass ich schon zu viel Make-up an ihr und anderen Frauen befremdlich finde. Doch daran gewöhnt man sich. Make-up ist temporär und reversibel. Aufgespritzte Wurstlippen, die aussehen wie Blutegel, nicht. Außerdem hätte ich Bedenken, dass sich ihr Lachen dramatisch verändert und nicht mehr von Schmerzen unterscheiden ließe. Und was, wenn ihre ganze Gesichtshaut sich dabei so spannen würde, dass ich immer denken müsste, die Arme sei hinter ihrem eigenen Gesicht eingesperrt? Jedenfalls geht mir das bei diversen Promis so. In Extremfällen ähnelt die Mimik der von Schlaganfallpatienten.

Okay, im Falle einer Brust-OP könnte ich es natürlich so halten wie die meisten Männer: der Frau nur noch auf Brüste und Ausschnitt zu glotzen. Aber dann könnte ich auch fernsehen, denn die Brüste sähen wahrscheinlich genauso angeschraubt aus wie bei den Stripperinnen der sexy Clips im Spätprogramm. Ich wäre einen kurzen Moment fasziniert, das schon, aber dann würde ich angewidert wegzappen wollen. Denn ich hätte es ständig mit diesem Beigeschmack der Künstlichkeit zu tun. Kurzum, wenn meine Freundin sich plastisch behandeln ließe, hätte ich höchstwahrscheinlich das gleiche Problem wie dieser bedauernswerte Mann, dem mittels Transplantation eine neue Hand angenäht wurde: Statt sich zu freuen, dass er endlich wieder greifen kann, kam er mit der Hand nicht klar und ließ sie wieder abnehmen.

Anders läge der Fall bei Frauen, die nicht meine Freundin sind. Würde ich mich in eine verlieben, die mir später gesteht: "Ätsch, ich war mal eine andere", würde ich einmal kurz schlucken und denken: "Aha, typisch Mogelpackung." Aber letztlich hätte ich kein Problem damit, da ich ja nur die neue Version der Frau kennen würde. Vorausgesetzt natürlich, die Dame ist auch sonst okay, nicht nur oberflächlich betrachtet. Nach dem Motto: Wahre Schönheit kommt von innen, die Ware Schönheit von außen. Die steigenden Zahlen der GÄCD (Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie) sprechen für sich. Botox, Facelifting, Fettabsaugen und Brustvergrößerungen liegen im Trend und sind zum modischen Mainstream geworden. Individuelle "Makel" werden immer öfter durch einen medien- und mehrheitsfähigen Schönheitsbegriff ersetzt.

Es sieht fast so aus, als sei Darwins "survival of the fittest" zum "Survival der Schönsten" mutiert. Das gute alte Make-up als Wett- und Nahkampfmittel taugt nicht mehr. Make-over oder Make-new ist gefragt. Die Frauen werden dabei immer jünger.

Erst kürzlich war in der "FAZ" zu lesen: "Nach chirurgischen Korrekturen an Augenlidern und Wangen gewann die 22 Jahre alte Chinesin Feng Quain die erste ,Miss OP'-Wahl. Voraussetzung für die Teilnahme war der Nachweis, dass am Körper ein plastischer Chirurg am Werk gewesen ist."

Mit einem Satz: Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste Barbie im ganzen Land? Gesichtskontrolle total. Und global. Mit leicht landesspezifischen Variationen. Man könnte auch sagen: andere Länder - andere Titten. In Brasilien und Mexiko werden bevorzugt Hintern aufgepolstert. In Asien lässt man gern die Beine verlängern und Schlupflider wegoperieren. Die USA liegen weltweit mengen- und volumenmäßig bei Brustimplantaten vorn. Stichwort: Bigger is better. Was zählt, ist Geld und Schönheit. Mit plastischer Chirurgie kann man praktischerweise beides zeigen und sich phänotypisch dem eigenen Porsche anpassen.

Vielleicht darf's sogar noch ein bisschen mehr sein, sozusagen das Feintuning unter der Motorhaube: Laservaginalverjüngung, Schamlippenstraffung, Analbleaching? Alles kein Problem. Sondern 9000 Dollar plus Steuern.

Arme Alice Schwarzer. Ist das die schöne neue Frauen-Welt? Lächeln wie aus dem Windkanal, Nasen wie Spoiler, Schlauchbootlippen. Halb Frau, halb Formfleisch. Außen hui und innen hohl? Ist es das, was Männer wirklich wollen? Ich habe zu dieser Frage etwas Feldforschung in meinem männlichen Freundeskreis betrieben. Vielleicht sollte ich als Fußnote erwähnen, dass ich nicht unbedingt im Machomilieu verkehre. Da aber auch im größten Softie ein Chauvie steckt - man muss nur tief genug bohren oder genügend trinken -, halte ich die Aussagen für repräsentativ. Die meisten äußerten sich zu dem Thema kritisch-distanziert. Der größte gemeinsame Nenner oder Dünkel bestand in dem Ur- und meinetwegen Vorurteil, dass Frauen, die sich operativ verändern lassen, "hohle Bratzen" sind. Den meisten fielen sofort Chiara Ohoven und Christine Kaufmann ein (obwohl die beharrlich behauptet, ihre Kosmetik sei schuld. Und von Rechts wegen werde ich hier auch nichts anderes behaupten).

Wenn man nachhakte, ob Angelina Jolie, Cameron Diaz oder die sexy Nachbarin von nebenan als weniger schön empfunden würden, wenn sie nachgeholfen hätten, enthielten sich die meisten. Nur ein Einziger, mit Anfang 30 der jüngste Befragte, antwortete auf die Frage, ob er sich mit einer operierten Frau einlassen würde, relativ unverblümt: "Wieso denn nicht?" Würde man das ablehnen, müsse man konsequenterweise auch Zahnlücken, Beinbehaarung und Krampfadern propagieren. Aber wenn er die Wahl hätte, rückte er mit der Wahrheit raus, würde er sich wohl doch immer für das Original entscheiden. Er meinte eine jüngere Frau.

Die Wahrheit tut eben manchmal weh. Und diese Wahrheit für Männlein und Weiblein ist, dass die Jugend ein süßer Vogel ist. Vielleicht weil er so unerhört flüchtig ist. Aber ist es dasselbe, jung zu sein oder auf jugendlich zu tun? Ist es nicht peinlich, wenn der Vogel eher ausgestopft wirkt und schon lange nicht mehr fliegt? Wenn Schönheit von der Stange kommt und Massenware wird? So eine Art Zombie-Chic. Stereotyp und seelenlos. Und was ist, wenn man einfach mit Würde altern würde?

Hoffnung kommt ausgerechnet aus Hollywood. Erst kürzlich erklärte Jodie Foster, was sie von Schönheitschirurgie hält. Obwohl sie langsam den Zahn der Zeit bemerke, wolle sie sich niemals unters Messer legen: "Ich will keinen verlorenen Kampf führen, ich will nicht sein wie Cher."

Auch Geist, Charme, eine Geste, ein Lächeln können sehr sexy sein. Bitte weitersagen. Vielleicht am lautesten uns Männern. Schließlich profitieren wir ja oft genug davon, dass wahre Liebe blind macht.

Text: Jan Jepsen

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