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Nebenwirkungen von Medikamenten

Frauen vertragen viele Medikamente nicht so gut wie Männer. Wie sie sich vor gefährlichen Nebenwirkungen schützen können.

Nebenwirkungen Medikamente: Frauen reagieren anders als Männer

Eine Tatsache, die längst bekannt ist. Trotzdem wird sie nach wie vor bei der Erforschung neuer Wirkstoffe zu wenig berücksichtigt. "Zwar geht die Tendenz dahin, mehr Frauen an Studien zu beteiligen, aber in vielen Bereichen ist das noch nicht ausreichend umgesetzt", sagt Professorin Petra Thürmann, Direktorin des Philipp Klee-Instituts für Klinische Pharmakologie in Wuppertal. Das kann gefährliche Folgen haben. Denn häufig entdecken Mediziner erst im Nachhinein bei der Behandlung ihrer Patientinnen, dass ein bestimmtes Präparat bei Frauen anders wirkt als bei Männern. "Diese Unterschiede können sehr gravierend sein", sagt Petra Thürmann. Zum Beispiel treten Nebenwirkungen bei Frauen insgesamt häufiger auf als bei Männern.

Die Gründe dafür sind vielfältig: So wiegen Frauen im Schnitt weniger als Männer; die von den Pharmaunternehmen empfohlene Dosis orientiert sich bei vielen Mitteln jedoch am Durchschnittsmann, ist für Frauen also zu hoch. Außerdem hat der weibliche Körper mehr Fett und weniger Muskeln als der männliche. Eine große Rolle spielen die Hormone, auch solche, die Frauen etwa mit der Pille oder in den Wechseljahren einnehmen. Und schließlich laufen Stoffwechselprozesse, zum Beispiel in der Leber, bei den Geschlechtern nicht völlig identisch ab, die Wirkstoffe von Arzneimitteln werden deshalb unterschiedlich vom Körper verarbeitet. Die Bandbreite von Medikamenten, bei denen sich das auswirkt, ist groß.

Nebenwirkungen Medikamente: Schmerzmittel

Frauen reagieren auf Opioide wie Morphin empfindlicher als Männer. Das heißt, sie benötigen eine geringere Dosis, und es kommt eher zu Nebenwirkungen. Der Wirkstoff Ibuprofen andererseits lindert Schmerzen bei Frauen weniger als bei Männern, muss also unter Umständen höher dosiert werden. Das Mittel Acetylsalicylsäure (ASS) wird nicht nur zur Schmerzlinderung, sondern auch zur Vorbeugung von Herzinfarkten und Schlaganfällen eingesetzt, weil es die Bildung von Blutgerinnseln verhindert. Bei Frauen, die noch gar keinen Herzinfarkt hatten, kann es jedoch nur das Risiko für einen Schlaganfall verringern; die Gefahr, einen Infarkt zu bekommen, kann die Einnahme bei ihnen nicht beeinflussen.

Nebenwirkungen Medikamente: Blutdrucksenker

Der Betablocker Metoprolol wirkt bei Frauen länger und stärker, weil ihr Körper ihn langsamer abbaut. Anzeichen dafür, dass das Mittel zu hoch dosiert ist, sind neben einem sehr niedrigen Blutdruck kalte Hände und Füße sowie Müdigkeit. Der so genannte Kalziumantagonist Verapamil wirkt bei Frauen ebenfalls stärker. ACE-Hemmer verursachen bei Frauen häufiger als bei Männern Nebenwirkungen wie Reizhusten.

Nebenwirkungen Medikamente: Herzmedikamente

Digoxin und Digitoxin, beides Wirkstoffe gegen Herzschwäche, haben bei Frauen eher als bei Männern schwerwiegende, sogar tödliche Nebenwirkungen. Ihr Körper scheidet die Substanzen langsamer aus. Deshalb sollten diese Mittel bei Frauen, so Thürmann, wenn überhaupt, nur sehr vorsichtig eingesetzt werden.

Nebenwirkungen Medikamente: Krebsmedikamente

Fluorouracil wird in der Chemotherapie verwendet und verursacht bei Frauen etwa doppelt so viele schwerwiegende Nebenwirkungen wie bei Männern, obwohl es entsprechend der Körperoberfläche dosiert wird. Auch diese Substanz bauen Frauen langsamer ab.

Nebenwirkungen Medikamente: Antidepressiva

Manche dieser Medikamente (so genannte SSRI oder selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) wirken bei Frauen besser als bei Männern. Auf trizyklische Antidepressiva sprechen Frauen im gebärfähigen Alter dagegen schlechter an als Männer - nach den Wechseljahren ist der Unterschied aufgehoben.

Nebenwirkungen Medikamente: Mittel gegen Schizophrenie

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Eine Reihe von Antipsychotika sind bei Frauen effektiver, so dass eine niedrigere Dosis reicht. Allerdings verschwindet dieser Vorteil ebenfalls nach den Wechseljahren.

Eine der schwerwiegendsten Nebenwirkungen ist eine lebensgefährliche Herzrhythmusstörung. Sie kann als Reaktion auf Arzneimittel wie Antibiotika, Psychopharmaka, Parkinson-Medikamente und Mittel gegen Allergien auftreten. Diese Nebenwirkung ist extrem selten, tritt bei Frauen jedoch deutlich häufiger auf als bei Männern. "Wer schon einmal Herzrhythmusstörungen hatte, sollte den Arzt fragen, ob künftig bestimmte Mittel gemieden werden sollen", rät Petra Thürmann. "Und wer nach Einnahme eines Medikaments das Gefühl hat, dass das Herz sehr stolpert, sollte es dem Arzt sagen, selbst wenn es wieder damit aufgehört hat. Am EKG kann der Arzt auch später noch erkennen, ob eine Veranlagung für diese Art von Herzrhythmusstörungen vorliegt."

Grundsätzlich empfiehlt die Pharmakologie-Professorin allen Frauen:

• Sie sollten den Beipackzettel immer genau durchlesen. • Falls der Arzt es nicht erklärt, sollten sie sich bei ihm detailliert nach den Vorschriften für die Einnahme eines Medikamentes erkundigen: Wie viel muss/darf genommen werden? Wie oft? Wann, etwa vor oder nach dem Essen? Wie muss es verabreicht werden (z. B. mit viel Flüssigkeit)? Und: Was sind die wichtigsten Nebenwirkungen, die man selbst feststellen kann und schnell erkennen muss? • Kleine, schlanke Frauen sollten ihren Arzt immer fragen, ob die empfohlene Dosis zu hoch für sie ist. • Wer nach der Einnahme eines Medikamentes zum Beispiel kalte Hände, Schwindel oder Durchfall bemerkt, sollte dies dem Arzt berichten. Und zwar so präzise wie möglich. Etwa: "Die Symptome sind drei Stunden nach Einnahme der ersten Tablette aufgetreten." Der Arzt kann dann entscheiden, ob das Mittel, vielleicht in einer niedrigeren Dosis, weiter genommen oder besser abgesetzt werden soll.

Text: Ingrid Glomp Fotos: iStockphoto

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