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Immunsystem aufbauen - Abwehr mit System

Frau putzt sich die Nase auf Sofa
© fizkes / Shutterstock
Jetzt sind sie wieder unterwegs, die Erkältungsviren. Und wir müssen unser Immunsystem aufbauen, damit es die Viren unschädlich machen kann.

Mich hat's erwischt: Meine Nase läuft, der Hals kratzt, der Kopf tut weh. Seit drei Tagen plagt mich eine starke Erkältung. Ich pendele nur noch zwischen Sofa, Kühlschrank und dem Papiertaschentuch- Depot hin und her. Schlapp verkrieche ich mich unter meiner Decke und schlafe wieder ein, unbeeindruckt von der hektischen Betriebsamkeit, die in meinem Körper herrscht. Darum, dass mein Immunsystem bei Husten, Schnupfen, Heiserkeit rund um die Uhr Zusatzschichten einlegt, muss ich mich nicht kümmern.

Im Augenblick haben mich die Erkältungsviren voll im Griff. Dabei macht es letztendlich keinen großen Unterschied, welcher der vielen verschiedenen Erreger mit so komplizierten Namen wie Rhino-, Adeno-, Parainfluenza- oder Respiratory- Syncytial- Virus an meinen Beschwerden schuld ist. Denn alle wollen nur das eine: ihr Erbgut in meine Zellen spritzen, um so viele Virennachkommen wie möglich zu produzieren. So pflanzen die Übeltäter sich gnadenlos fort und machen mich dadurch krank.

Möglicherweise hat mich ein erkälteter Mensch angehustet oder angeniest. Dabei fliegen die Erkältungsviren angeblich 150 Stundenkilometer schnell und bis zu vier Meter weit. Oder ich habe die Erreger an einer Türklinke, einem Haltegriff im Bus oder einem feuchten Handtuch aufgesammelt und meine Hände nicht oft genug gewaschen. So sind die Viren irgendwann in meine Nase gekommen und dort im Schleim haften geblieben. Hätte ich meine Nase geputzt, wäre der Enterversuch der Keime gescheitert. Doch wenn die Erreger die erste Zellschicht der Schleimhäute in der Nase, im Mund oder im Rachen unbeschadet erreichen, sind sie schon fast am Ziel. Dann können nur noch unsere körpereigenen Abwehrkräfte die gefährlichen Eindringlinge abfangen.

Unser Immunsystem ist äußerst raffiniert

Unser Immunsystem ist eines der raffiniertesten Organe unseres Körpers. Flexibel, zielstrebig, lernfähig und pausenlos im Einsatz. Billionen von Abwehrzellen patrouillieren Tag und Nacht durch unseren Körper, immer auf der Suche nach gefährlichen Viren, Bakterien, Parasiten und Tumorzellen. Eine eigene Schutztruppe, die wir ein Leben lang mit uns herumtragen.

Wie ein großes, überregional operierendes Sicherheitsunternehmen hat das Immunsystem mehrere Hauptstandorte mit verschiedenen Funktionen, zum Beispiel die Milz, die Thymusdrüse, die Mandeln und die Lymphknoten. Die wichtigsten Mitarbeiter sind die weißen Blutkörperchen, die Leukozyten. Sie entstehen aus Stammzellen des Knochenmarks und werden in den unterschiedlichen Abteilungen zu Experten mit Spezialaufgaben ausgebildet. Je nach Bedarf schwärmen sie dann aus, um überall im Gewebe, zwischen den Zellen, in den Blut- und Lymphbahnen notwendige Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, sobald unerwünschte Eindringlinge den äußeren Schutzwall des Körpers überwinden. Schon in der Haut lagern Substanzen, die die Hülle von Krankheitserregern auflösen und sie unschädlich machen. Deswegen ist es wichtig, dass wir ein starkes Immunsystem aufbauen.

Solche körpereigenen Antibiotika, wie so genannte Defensine, lauern auch in den Schleimhäuten von Mund, Rachen und Nase. Doch obwohl sie Bakterien rasch beseitigen, können sie den meisten Erkältungsviren nichts anhaben. Warum das so ist, kann die Wissenschaft trotz intensiver Forschung noch nicht genau erklären. Tatsache ist jedoch, dass die krank machenden Winzlinge meist in aller Ruhe an die ersten Zellen der Schleimhäute andocken, deren Hüllen öffnen und ihr Erbgut in sie hineinfädeln. Damit sind die Körperzellen infiziert, und nach etwa zehn Stunden schlüpfen die ersten Virennachkommen aus ihnen heraus.

Jetzt wird Alarm geschlagen. Die befallenen Körperzellen sondern Botenstoffe ab, es werden Zytokine wie Interferon und Interleukin gebildet. Sie verursachen die typischen Erkältungssymptome: Die Schleimhäute entzünden sich und schwellen an. Es wird mehr Sekret produziert, die Nase läuft, die Augen tränen.

Viel wichtiger ist jedoch, dass die Angestellten des Sicherheitsunternehmens mithilfe dieser Substanzen miteinander kommunizieren können, ohne dass eine übergeordnete Schaltzentrale dafür nötig wäre. Die Botenstoffe geben das Signal dafür, dass Sicherheitsspezialisten in bestimmte Ecken des Körpers geschickt, Hilfskräfte aufgestockt werden und die Produktivität so schnell wie möglich erhöht wird.

Nach wenigen Tagen hat das Immunsystem den Kampf gewonnen

Als Erstes lockt der chemische Hilferuf Natürliche Killerzellen genau dorthin, wo die Eindringlinge sich eingenistet haben. Zielsicher zerstören sie mit ihren Enzym-Werkzeugen die mit Viren infizierten Zellen. Anschließend rückt das Aufräumkommando dort an: Fresszellen wie die Makrophagen (griechisch für "große Fresser"), die ihren monströsen Körper wie Amöben in die Länge ziehen, verdrehen oder platt machen können. Diese Formwandlerinnen umschließen unliebsame Eindringlinge, verschlingen sie und bugsieren sie in ihre Verdauungsbläschen hinein, um sie dort endgültig zu zersetzen. Ebenso nimmersatt sind die im Blut zirkulierenden Monozyten ("Einzeller") und Neutrophilen Granulozyten ("gekörnte Zellen"). Und auch die Dendritischen Zellen fressen gern Viren. Mit ihren langen Zellfortsätzen, den Dendriten, ähneln sie kleinen Kraken, die sich durch unser Körpergewebe hangeln.

Die Fresszellen verleiben sich alles Fremde ein, was ihnen entgegenkommt. Ob etwas tatsächlich fremd ist oder zu unserem Körper gehört, erkennen die Hungrigen am Hausausweis der Zellen, dem so genannten MHC (Major Histocompatibility Complex), der die Gewebeverträglichkeit anzeigt. Dieser molekulare Passierschein unterscheidet sich von Mensch zu Mensch und sitzt wie ein Fähnchen auf fast allen Körperzellen. Nur rote Blutkörperchen und Spermien fehlt diese Markierung – sonst wäre sexuelle Fortpflanzung ebenso unmöglich wie eine Bluttransfusion. Erkältungsviren besitzen diesen Hausausweis jedoch nicht. Deshalb werden sie früher oder später als Eindringlinge enttarnt, aufgestöbert, verdaut und aufgelöst. Drei bis fünf Tage brauchen die Natürlichen Killer- und Fresszellen, bis auch das letzte Virus unschädlich gemacht ist. Dann hat das Immunsystem den Kampf gewonnen. Und nach zwei weiteren Tagen, die für Aufräumarbeiten im Körper nötig sind, ist die Krankheit endgültig überstanden.

Doch warum bekommt man danach immer wieder eine Erkältung? Warum ist man nicht lebenslang immun gegen die Erreger wie etwa bei Masern oder Keuchhusten? Diese Frage interessiert die Forschung schon lange. Denn Erkältungsviren gehören zu den Infektionserregern, die uns am häufigsten befallen. Jeder Erwachsene leidet etwa zwei- bis viermal im Jahr an Schnupfen, Husten, Heiserkeit. "Ein 80-jähriger Mensch hat mindestens ein Jahr seines Lebens mit Erkältungen verbracht", sagt Professor Johannes Stöckl, Immunologe von der Medizinischen Universität Wien. Höchst unangenehm für uns und auch wirtschaftlich gesehen ein enormer, auf Milliarden Euro geschätzter Schaden. Da ist es verständlich, dass die Wissenschaft herausfinden möchte, was bei Erkältungserregern anders ist als zum Beispiel bei Masernviren.

Erkältungsviren sind durchtriebene Trickbetrüger

Einen wichtigen Grund für die fehlende Immunität kennen die Forscher bereits: Erkältungsviren sind durchtriebene Trickbetrüger. Sie umgehen, wie Stöckl nachweisen konnte, gezielt die Chefinnen des Immunsystems. Die Chefinnen – das sind die T-Zellen, in der Thymusdrüse ausgebildete, hoch spezialisierte Immunzellen, die fast jeden Vorgang im Sicherheitsunternehmen kontrollieren und regulieren. Sie verfügen über enormes Spezialwissen und ein fantastisches Gedächtnis. So speichern sie das Profil jedes Eindringlings ab, mit dem sie schon einmal etwas zu tun hatten. Kommen ihnen Keime vom selben Typ erneut in die Quere, mobilisieren die T-Zellen gezielt ihre Spezialkräfte, um sie innerhalb weniger Stunden treffsicher auszuschalten. Masernviren haben bei diesen Sicherheitsstrategen keine zweite Chance. Sie werden, auch viele Jahre später noch, sofort wiedererkannt – deshalb sind wir nach einer Infektion lebenslang immun gegen sie.

Unser Immunsystem muss bei jeder Erkältung von vorn beginnen

Bei Erkältungsviren funktioniert das nicht. Sie tarnen sich so gut, dass die Chefinnen gar nichts von ihrer Anwesenheit im Körper erfahren. Normalerweise fungieren die gefräßigen Dendritischen Zellen als Berichterstatter. Sobald sie einen Übeltäter verschlungen haben, präsentieren sie den T-Zellen die Überreste ihres Mahls. Die Chefinnen merken sich deren Struktur und befehlen anschließend im Knochenmark gebildeten B-Zellen, als Sicherheitsmaßnahme speziell darauf zugeschnittene Antikörper anzufertigen und ins Blut abzugeben. Diese Antikörper gegen bestimmte Erreger, auch Immunglobuline genannt, bleiben ein Leben lang in unseren Adern. Taucht erneut ein solcher Eindringling auf, kleben sie sofort an ihm fest. Dadurch werden Fresszellen angelockt, die den ganzen Antikörperklumpen verschlingen. Die Gefahr ist gebannt.

Erkältungserreger entziehen sich diesem Sicherheitskonzept jedoch sehr geschickt: Bevor sie von den Dendritischen Zellen verdaut werden, manipulieren sie noch schnell an ihnen herum, so dass diese den T-Zellen keine Meldung über die Eindringlinge machen können. Doch ohne Bericht und Profil gibt es auch keine maßgeschneiderten Antikörper im Blut. Deshalb sind wir immer wieder erkältet. Und das Immunsystem muss mit seiner mühsamen Arbeit jedes Mal von vorn beginnen. Wir können es dabei höchstens ein wenig unterstützen. Selbst die besten Medikamente und Hausmittel können nur die lästigen Symptome lindern, unsere Leidenszeit aber kaum verkürzen. Eine Erkältung dauert eben mit Arznei sieben Tage – und ohne eine Woche. Schneller schafft der Körper es nicht.

Stärkender Wurzeltrank fürs Immunsystem

"Im Winter stärke ich mein Immunsystem mit einem Wurzeltrank. Dazu einen Teelöffel getrocknete Angelikawurzel aus der Apotheke, eine Scheibe frische Galgantwurzel aus dem Asialaden und ein Stück Zimtrinde, beides etwa einen Zentimeter lang, sowie zwei bis drei Kardamomsamen in einem halben Liter Wasser aufkochen, einige Minuten ziehen lassen und dann abseihen. Davon trinke ich, mit etwas Honig gesüßt, täglich eine Tasse."

Susanne Fischer-Rizzi, Expertin für Heilpflanzenkunde, aus Sulzberg

Biochemische Immun-Kur

"Als Immun-Kur empfehle ich meinen Patienten, vier Wochen lang jeweils zwei bis vier Tabletten folgender Schüßler-Salze im Mund zergehen zu lassen: vormittags Ferrum phosphoricum D12 (Salz Nr. 3), nachmittags Magnesium phosphoricum D6 (Nr. 7) und im Laufe des Abends Kalium sulfuricum D6 (Nr. 6)."

Günther H. Heepen, Heilpraktiker und Experte für Biochemie nach Dr. Schüßler

Bioaktive Ernährung für ein starkes Immunsystem

"Von besonderer Bedeutung für das körpereigene Abwehrsystem sind bioaktive Substanzen in der Nahrung. Dazu gehören zum Beispiel sekundäre Pflanzenstoffe. Vor allem Carotinoide, also Farbstoffe, die Obst und Gemüse gelbe bis rote Farbe verleihen, und Sulfide, schwefelhaltige Duft- und Aromastoffe in Zwiebeln, Knoblauch und Lauch, regen einige Funktionen des Immunsystems an. Auch Probiotika, also lebende Mikroorganismen wie Milchsäure bildende Bakterien in Joghurts, wirken sich – täglich verzehrt – positiv auf die Abwehrkräfte aus.

Ebenfalls gut ist Vitamin C. Allerdings zeigte erst kürzlich eine Analyse von über 50 Studien, in denen Ascorbinsäure verabreicht wurde, um Erkältungen vorzubeugen, widersprüchliche Ergebnisse. Statt zu Vitamintabletten zu greifen, lautet unsere Empfehlung deshalb nach wie vor: am besten zu jeder Mahlzeit frisches Obst und Gemüse verzehren, fünf Portionen täglich."

Antje Gahl, Diplom-Ökotrophologin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. in Bonn

Achtsame Lebensführung

"Das Immunsystem ist Ausdruck der Balance zwischen dem Eigenen und allem Fremden. Es kann also nie isoliert von meiner Lebensweise betrachtet werden. Ich rate deshalb, sich seinen persönlichen Lebensrhythmus anzuschauen, immer wieder mal innezuhalten und sich zu fragen: Wie lebe ich, für welche Ziele? Wie gestalte ich meinen Tag? Wie achtsam gehe ich mit meinen Bedürfnissen wie Essen und Trinken, Schlaf und Wachen, Ruhe und Anregung, Gemeinschaft und Alleinsein um? Welche schädigenden Einflüsse, wie Nikotin und Alkohol, kann ich vermeiden? Diese achtsame Lebensführung kann zu einer verbesserten persönlichen immunologischen Balance führen.

Wer trotzdem krank wird, sollte dies als notwendige Phase zur Findung eines neuen Gleichgewichts annehmen. Also sich Ruhe gönnen, Fieber nicht durch Medikamente unterdrücken und die Eigenregulation des Körpers durch angezeigte homöopathische Einzelmittel oder pflanzliche Hausmittel unterstützen."

Lars B. Stange, Allgemeinmediziner aus Kissing und Vorsitzender des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte e.V.

Maßvoller Sport stärkt das Immunsystem

"Mein persönliches Rezept: in der Mittagspause oder nach dem Job Joggingschuhe anziehen und gemütlich durch einen Park laufen. Regelmäßige, moderate sportliche Aktivität stärkt das Immunsystem.

Die Sportart ist dabei egal. Optimal ist eine Mischung aus Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitsübungen. Viel wichtiger ist, das richtige Maß zu finden und Spaß daran zu haben. Wer sich müde und erschöpft fühlt, sollte es langsam angehen lassen. Wenn man energiegeladen ist, kann das Immunsystem aber auch mal einen Kick vertragen. Übertreiben sollte man es jedoch nie. Zu intensive oder zu lange Sporteinheiten schwächen die Abwehr."

Professor Petra Platen, Sportmedizinerin an der Ruhr-Universität Bochum

Stress kann dem Immunsystem schaden

Wer im Alltag stark beansprucht ist, wird schneller krank. Wie sich das vermeiden lässt, erklärt Privatdozentin Sigrid Elsenbruch vom Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie am Universitätsklinikum Essen.

BRIGITTE-WOMAN.de: Schadet Stress dem Immunsystem?

Sigrid Elsenbruch : Schädlich ist Stress dann, wenn er sehr belastend ist und über längere Zeit andauert. Das kann zum Beispiel bei Scheidungen der Fall sein oder wenn man Mutter oder Vater pflegen muss. Auch Mobbing im Beruf löst chronischen Stress aus, der die Körperabwehr schwächt. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Menschen, die dauerhaft gestresst sind, häufiger Erkältungen haben. Dagegen schadet kurzzeitiger Stress dem Immunsystem nicht. Wichtig ist, dass man sich anschließend immer wieder erholen kann und nicht direkt in eine neue anstrengende Phase hineinrutscht.

BRIGITTE-WOMAN.de: Was genau passiert bei Stress im Immunsystem?

Sigrid Elsenbruch : Das Immunsystem besteht aus sehr komplexen Netzwerken, die sich unter Stress verändern. Das Gehirn ist über das Hormonsystem und verschiedene Nervensysteme mit dem Immunsystem verknüpft. Kurzzeitige Belastungen können im Körper Kräfte mobilisieren. In solchen Situationen fährt er das Immunsystem hoch. Die Zahl der Natürlichen Killerzellen steigt an, und deren Fähigkeit, andere Zellen zu fressen, nimmt zu. Bei chronischer Belastung bleibt die Konzentration der Stresshormone, unter anderem Cortisol, jedoch dauerhaft auf einem hohem Niveau. Das schwächt den Körper, erhöht seine Anfälligkeit für Infekte und macht uns krank.

BRIGITTE-WOMAN.de: Was kann man dagegen tun?

Sigrid Elsenbruch: Gut wäre es, nach stressreichen Phasen immer wieder für Entspannung zu sorgen. Yoga, Meditation und Lachen helfen nachweislich, chronischen Stress abzubauen. Aber auch der Freundeskreis ist wichtig. Soziale Kontakte und Unterstützung senken – ebenso wie Entspannung – den Cortisol-Spiegel. So können sie über das Immunsystem die Gesundheit schützen. Dieser Effekt ist für Erkältungen tatsächlich belegt.

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