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Heilpflanzen und ihre Wirkung auf die Chemotherapie

Heilpflanzen und ihre Wirkung auf die Chemotherapie
© Chamille White / Shutterstock
Wer an Krebs erkrankt ist, sollte mit Heilpflanzen vorsichtig sein. Sie können die Wirkung der Chemotherapie verändern.

Weltweit wenden bis zu 63 Prozent aller Krebspatienten Heilkräuter an. Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind, stehen Naturheilverfahren besonders offen gegenüber. Doch dass sie zusätzlich zu ihrer Chemotherapie noch Heilpflanzen oder andere komplementäre Medikamente einnimmt, verschweigt jede zweite Frau ihrem Arzt. Das ist gefährlich!

Denn auch Heilpflanzen können Nebenwirkungen haben. Und bei einer falschen Anwendung sogar große Schaden anrichten.

Der wichtigste Grund dafür: Die Inhaltsstoffe einiger Pflanzen beeinflussen die so genannte Bioverfügbarkeit von Präparaten, die zur Chemotherapie gegen bösartige Tumoren eingesetzt werden. Das heißt, die Ausbreitung und Verteilung dieser Antikrebsmittel im Körper, ihr Abbau und ihre Ausscheidung werden durch die gleichzeitige Einnahme von Heilpflanzen verändert. Das beeinträchtigt die Wirkung, die die Ärzte durch die Gabe dieser Chemotherapie erzielen wollen.

Die Wirkung von Heilpflanzen in der Chemotherapie: Beispiele

Johanniskraut (Hypericum perforatum)

Diese Heilpflanze ist in Fertigarzneimitteln in Form von Tabletten, Kapseln, Dragees oder Saft enthalten, wird aber auch für Tees als loses Kraut verwendet. Sie wirkt nachweislich bei leichten bis mittelschweren Depressionen und kann auch bei Wechseljahrsbeschwerden helfen. Vor allem Brustkrebspatientinnen, die eine Therapie mit Antihormonen bekommen, greifen deshalb danach, um Nebenwirkungen zu lindern.

Während einer Chemotherapie darf Johanniskraut auf keinen Fall genommen werden: Es stimuliert ein Enzym in der Leber, so dass das Antikrebspräparat schneller abgebaut wird. Die Konzentration der Substanz im Blut fällt zu schnell, das Mittel wird unwirksam. Auch die Wirkung von Tamoxifen ist verringert.

Grapefruitsaft (Citrus paradisi)

Der leicht bittere Zitrusfruchtsaft ist reich an Vitamin C und deshalb sehr gesund. Er enthält aber auch Stoffe, die ein Leber-Enzym blockieren, das am Abbau von Medikamenten beteiligt ist. Die Folge ist, dass die Konzentration des Arzneimittels im Blut ansteigt, oft um ein Vielfaches. Das kann zu gefährlichen Nebenwirkungen führen.

Grapefruitsaft verstärkt die Wirkung von Allergie- und Herz-Präparaten ebenso wie die von Medikamenten zur Chemotherapie. Der Körper wird dann mit den Zellgiften überschwemmt. Experten empfehlen, am besten gar keinen Grapefruitsaft zu trinken, auch nicht zeitlich versetzt, wenn Arzneimittel eingenommen werden.

Sonnenhut (Echinacea)

Diese Heilpflanze stimuliert das Immunsystem und wird zur Vorbeugung von Infekten eingesetzt. Krebspatientinnen werden deshalb häufig Tropfen oder Tabletten damit empfohlen, um die durch die Therapie geschwächten Abwehrkräfte zu stärken.

Baldrian (Valeriana officinalis)

Die Inhaltsstoffe der Baldrianwurzel, die Valerensäuren, wirken nachweislich beruhigend und entspannend. Dragees, Tabletten und Tropfen mit Trockenextrakt daraus werden bei nervöser Unruhe und Schlafstörungen genommen.

Ginkgo (Ginkgo biloba)

Der konzentrierte Trockenextrakt aus den Blättern des Ginkgobaumes fördert die Durchblutung des Gehirns.

Pfefferminze (Mentha piperita)

Diese Heilpflanze ist dafür bekannt, Übelkeit, Brechreiz und Verdauungsbeschwerden zu lindern. Sie könnte gut gegen Nebenwirkungen einer Chemotherapie helfen. Da sie jedoch die Wirkung der Arzneimittel verändert, sollten Pfefferminztee oder –öl während dieser Zeit nicht verwendet werden.

Ginseng (Panax ginseng)

Die Inhaltsstoffe der Ginsengwurzel steigern die Widerstandskräfte und stärken bei Müdigkeit, Schwäche und in der Rekonvaleszenz nach schweren Krankheiten. Bei Frauen, deren Brustkrebs hormonabhängig ist, darf Ginseng nicht genommen werden, da das Zellwachstum angeregt werden kann.

Grüner Tee

Dieses Getränk wurde häufig empfohlen, um die Nebenwirkungen einer Chemotherapie abzuschwächen. Patientinnen, die es tranken, fühlten sich damit häufig besser als ohne. Studien haben jedoch gezeigt, dass die Inhaltsstoffe des grünen Tees die Wirkstoffe von Antikrebsmitteln daran hindern, in die Tumorzellen einzudringen. Das Medikament wird unwirksam – deshalb war auch seine Nebenwirkung schwächer.

Soja und Rotklee

Beide Pflanzen enthalten so genannte Phytoöstrogene, Planzenstoffe wie Isoflavone und Lignane, die im Körper ähnlich wie Hormone wirken. Nahrungsergänzungsmittel, die hoch dosierte Extrakte aus Soja und Rotklee enthalten, sollen Wechseljahrsbeschwerden lindern. Sie sollten nicht in Kombination mit einer antihormonellen Therapie mit Tamoxifen eingenommen werden. Brustkrebspatientinnen, deren Tumor Hormonrezeptor-positiv ist, also empfindlich auf Hormone reagiert, dürfen ebenfalls keine Phytoöstrogene verwenden. Diese pflanzlichen Präparate könnten das Wachstum des Tumors anregen.

Das gilt für alle Heilpflanzen und deren Wirkung

  • Brustkrebspatientinnen sollten – vor allem während einer Chemotherapie – keine Mittel damit einnehmen, ohne vorher mit ihrem Arzt Rücksprache zu halten.
  • Je nach Herkunft, Art des Anbaus, Verarbeitung (z.B. ob getrocknete Blätter, frische Blüten oder Teile von Wurzeln verwendet werden) und Darreichungsform kann der Gehalt an Wirkstoffen in pflanzlichen Arzneimitteln stark variieren. Hinzu kommt, dass Präparate mit einzelnen Heilkräutern sowohl in niedriger Dosierung zum Beispiel in Drogeriemärkten angeboten werden (oft als Nahrungsergänzungsmittel) als auch höher dosiert in Apotheken. Welches pflanzliche Mittel welche Wirkung entfaltet, kann letztendlich nur ein Experte beurteilen.
  • Brustkrebspatientinnen sollten auf das Urteil ihres Arztes und/oder Apothekers vertrauen.
  • Besondere Vorsicht ist beim Kauf von Heilpflanzen-Präparaten über das Internet geboten. Im Ausland unterliegen Herstellung und Vertrieb solcher Mittel häufig weniger strengen Kontrollen und Auflagen als in Deutschland. Verunreinigungen und Belastungen mit Schadstoffen sind möglich. Auch hier können Arzt und/oder Apotheker helfen, sinnvolle Alternativen zu finden.

Sonderfall Mistel (Viscum album)

Anders als andere Heilpflanzen-Präparate können Mistelextrakte in allen Phasen einer Krebstherapie angewandt werden. Studien haben gezeigt, dass die Therapie damit Nebenwirkungen einer Chemo- oder Strahlentherapie wie Erschöpfung (Fatigue-Syndrom), Müdigkeit und Schlafprobleme lindern und die Immunabwehr stimulieren kann. Die Lebensqualität der Patienten bessert sich. Gespritzt werden die Extrakte direkt unter die Haut. Ärzte unterscheiden zwischen anthroposophischen und phytotherapeutischen Präparaten.

Letztere werden nur von den gesetzlichen Kassen erstattet, wenn alle anderen therapeutischen Maßnahmen versagt haben. Die anthroposophischen Therapie nach Rudolf Steiner geht individuell vor und verordnet je nach Krebsart Extrakte verschiedener Mistelbäume. Diese Mittel werden immer von den Krankenkassen bezahlt, wenn der behandelnde Arzt sie verschreibt. Mehr Infos: www.mistel-therapie.de

Mehr zum Thema Heilpflanzen und Chemotherapie in dem Buch "Gemeinsam gegen Krebs" von Professor Dr. Gustav Dobos und Privatdozent Dr. Sherko Kümmel (280 S., 24,95 Euro, Verlag Zabert Sandmann GmbH 2011).

Individuelle Fragen beantwortet die Klinik für Senologie/Brustzentrum an den Kliniken Essen-Mitte unter www.kliniken-essen-mitte.de/senologie; Termine unter Tel. 0201/174-33003 (Ambulanz).

Text: Monika Murphy-Witt

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