Unser Immunsystem muss sich täglich mit Bakterien, Viren und Pilzen auseinandersetzen. Meist läuft die Abwehr von Krankheitserregern unbemerkt ab. Wenn wir uns beim Knopfannähen stechen, gibt es in der Regel keine Infektion, obwohl an der Spitze einer Nähnadel bis zu 400 Bakterien sitzen.
Mit einer kleinen Anzahl von Keimen kann das Immunsystem gut umgehen. Sie werden abgewehrt, bevor sie sich im Körper vermehren. Wird die Anzahl der Keime zu groß, schaffen das die natürlichen Abwehrkräfte nicht mehr. Es kommt zu einer Infektion. "Wie hoch dieser Schwellenwert ist, hängt nicht nur davon ab, wie infektiös die Erreger sind, sondern auch, wie fit unser Immunsystem ist", sagt Professor Lothar Rink, Direktor des Instituts für Immunologie am Universitätsklinikum Aachen. "Sein Immunsystem fit zu halten ist deshalb genauso wichtig wie das regelmäßige Update beim Antivirusprogramm auf dem PC."
Die Gefahr für Infekte steigt in der trüben Jahreszeit. Mangelnde Bewegung und schlecht gelüftete Räume können die Immunabwehr schwächen. Zusätzlich kommt es bei den meisten Menschen zu einem Vitamin-D-Mangel. Dieses Hormon wird zu 90 Prozent vom Körper selbst in der Haut mithilfe der UV-B-Strahlung des Sonnenlichts produziert. Im Winter ist diese Strahlung zu schwach. Neueste Studien aus Kopenhagen zeigen jedoch, dass die Killerzellen der Körperabwehr das Sonnenvitamin zum effektiven Kampf gegen Viren und Bakterien brauchen. Vitamin D aktiviert die T-Zellen und befähigt sie zum gezielten Angriff auf Krankheitserreger. Japanische Schulkinder, die über vier Monate Vitamin-D-Pillen einnahmen, litten seltener an Grippe als Gleichaltrige, die nur ein Placebo erhielten.
Rund 70 Prozent aller Abwehrzellen des Körpers befinden sich im Darm. Darum stärkt alles, was diesem Organ guttut, automatisch die Abwehrkräfte: regelmäßige Bewegung, ballaststoffreiche Kost und mäßiger Alkoholkonsum. Echter Kefir und bestimmte probiotische Joghurts enthalten lebende Mikroorganismen, die sich im Darm ansiedeln und vor Krankheiten schützen können. Wer seine Darmflora, zum Beispiel nach längerer Einnahme von Antibiotika, stärken möchte, kann auf Probiotika aus der Apotheke zurückgreifen.
Eine ausgewogene Ernährung mit frischem Obst, Gemüse und Salat stärkt das Immunsystem. Wichtig sind neben den Vitaminen A, C, D und E sowie den Mineralstoffen Eisen und Zink genügend mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA). Sie stecken in pflanzlichen Ölen wie Rapsöl und fettreichen Seefischen wie Lachs oder Makrele. Lothar Rink empfiehlt, nicht vorschnell zu Vitaminpillen zu greifen: "Sie können überdosiert werden und haben dann einen negativen Effekt auf das Immunsystem." Multivitaminsäfte können eine gute Alternative sein.
Auch wenn der Durst in der kalten Jahreszeit nicht so groß ist wie im Sommer, sollten täglich mindestens zwei Liter getrunken werden. "Das Immunsystem ist kein festes Organ. Seine Zellen sind über den Körper verstreut und werden über Blut und Lymphe transportiert", sagt Lothar Rink. "Stimmt der Flüssigkeitshaushalt nicht, bleiben die Immunzellen - bildlich gesehen - im Stau stecken. Ist alles im Fluss, wandern sie aus dem Blut ins Gewebe und bekämpfen dort Erreger."
Wer es im Alltag nicht schafft, sich gut zu ernähren, oder aus Überzeugung keine tierischen Produkte verzehrt, sollte zu Zink-Präparaten aus der Apotheke greifen. Steht dem Körper zu wenig Zink zur Verfügung, kann es bei einem Infekt zu einer Entzündungsreaktion und damit zur Vermehrung der Erreger kommen, wie US-Wissenschaftler nachgewiesen haben. "Vorbeugend sollten nicht mehr als zehn Milligramm Zink täglich eingenommen werden", rät Immunexperte Rink. "Viel hilft nicht viel, sondern schadet." Kündigt sich ein Infekt an, kann eine kurzfristige hoch dosierte Zink-Kur (75 Milligramm täglich) die Schwere des Infekts mindern und die Dauer einer Erkältung um einen Tag verkürzen, wie eine Studie aus Neu-Delhi gezeigt hat.
Auch dieser Nährstoff ist unabdingbar für ein funktionierendes Immunsystem. Eine Münchener Untersuchung hat gezeigt, dass mehr als zwei Drittel derjenigen, die ein schwaches Immunsystem hatten, unter akutem Magnesiummangel litten. Vitamin C wird ohne ausreichend Magnesium ungenutzt wieder ausgeschieden. Die Wissenschaftler empfehlen, 14 Tage lang morgens und abends eine Brausetablette Magnesium (250 Milligramm) einzunehmen. Wer Mineralwasser mit hohem Magnesiumgehalt trinkt, beugt Mangel vor.
Dieser Eiweißbaustein ist im Körper an vielen Prozessen beteiligt. Unter anderem regt er die Produktion von weißen Blutkörperchen an, verbessert die Aktivität der Killerzellen und steigert so die Abwehrkraft. In kleinen Mengen wird Arginin vom Körper selbst produziert, enthalten ist die Aminosäure in vielen Nahrungsmitteln (beispielsweise in Kürbiskernen, Walnüssen, getrockneten Erbsen). Oft reichen aber die aufgenommenen Mengen, vor allem bei älteren Menschen, nicht aus, um den Bedarf zu decken. Dann kann eine gezielte Ergänzung von Arginin sinnvoll sein.
Für stark Übergewichtige ist das Risiko, zum Beispiel an einer Blutvergiftung zu sterben, siebenmal so hoch wie für Normalgewichtige. Wissenschaftler von der Louisiana State University in den USA konnten nachweisen, dass ein bestimmter Rezeptor im Körper, der für die Erkennung von Krankheiten zuständig ist, bei einer sehr einseitigen fettreichen Ernährung nicht mehr richtig funktioniert: Die Immunabwehr wird gedämpft. Zudem lagert sich Vitamin D im Fettgewebe ab und kann so seine Wirkung nicht entfalten. Mangelernährung und starkes Untergewicht gehen ebenfalls mit einem Immundefizit einher.
In mehr als 90 Prozent der Fälle sind verordnete Antibiotika überflüssig. Fatal dabei: Je mehr Antibiotika unnützerweise eingenommen werden, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Resistenzen bilden. Werden dann wirklich Antibiotika gebraucht, wirken sie nicht. Selbst gezielt eingesetzt erledigen die Bakterienkiller weit mehr, als sie sollen. Die Folgen: eine beschädigte Darm- und Scheidenflora, eine übersensible Haut und ein auf breiter Front geschwächtes Immunsystem.
Die psychische Verfassung beeinflusst die körpereigenen Abwehrkräfte. Wir sind besonders anfällig für Infektionen, wenn uns Sorgen bedrücken. Unter Stress verringern sich Zahl und Aktivität der Abwehrzellen, weil die Kommunikation zwischen Gehirn und Immunsystem gestört wird. Umgekehrt erhöht Lachen den Gehalt an Immunglobulin im Blut und stärkt so die Abwehr. Londoner Forscher stellten zudem fest, dass Menschen, die sich im Alltag häufiger als glücklich und zufrieden einstufen, deutlich geringere Mengen des Stresshormons Cortisol im Blut haben als jene, die sich oft mies fühlen. Hohe Cortisolspiegel schwächen das Immunsystem.
Meditationen wirken sich langfristig positiv auf die Abwehrkraft aus. Das berichtet ein Forscherteam der Universität Wisconsin. Nach achtwöchigem Training hatten die Studienteilnehmer mehr Antikörper als nach einer Grippeimpfung. Ähnlich wirken autogenes Training und Yoga. Eine 45-minütige entspannende Massage steigert ebenfalls die Abwehrkräfte und verringert die Konzentration an Stresshormonen im Körper. Wissenschaftler aus Los Angeles stellten fest, dass der Anteil der für die Körperabwehr zuständigen weißen Blutkörperchen danach erhöht war, der des Stresshormons Cortisol im Blut verringert.
Regelmäßige Bewegung ist ideal für starke Abwehrkräfte - sofern man es nicht übertreibt. So ist erwiesen, dass bis zu fünf Stunden gemäßigter Ausdauersport in der Woche für ein gesundes Immunsystem förderlich sind. Wer deutlich mehr bzw. besonders intensiv trainiert, ist dagegen in der Schlechtwetterperiode mindestens genauso anfällig für Erkrankungen wie ein Nichtsportler. Bei Sportlern, die sich völlig verausgaben, beobachtet man das so genannte Open-Window-Phänomen. Die Immunabwehr sinkt, Krankheitserregern wird damit praktisch ein Fenster zum Körper geöffnet. Der Anteil der für die Immunabwehr wichtigen weißen Blutkörperchen (Leukozyten) nimmt unmittelbar nach intensiver Belastung zunächst zu, fällt dann aber bereits nach wenigen Stunden stark ab. Die Folge ist eine erhöhte Infektions- und Erkältungsanfälligkeit.
Hausmittel für eine starke Abwehrkraft
- Thymusdrüse klopfen: Mehrmals täglich sanft mit zwei Fingern oder einer leicht geballten Faust etwa eine Minute lang die Thymusdrüse beklopfen. Sie liegt hinter dem Brustbein in der Mitte des Brustkorbs. Die stimulierende Wirkung hält zwei bis drei Stunden an.
- Karottensuppe essen: Dafür 500 Gramm geschälte Karotten in einem Liter Wasser ein bis zwei Stunden kochen, dann durch ein Haarsieb streichen oder im Mixer fein pürieren. Anschließend auf einen Liter Suppe einen knapp gestrichenen Teelöffel Salz zufügen. In kleinen Mengen gegessen, kräftigt diese Karottensuppe nach Professor Ernst Moro das Immunsystem.
- Echinacea-Kur machen: Eine Einnahme von Purpursonnenhut oder Echinacea kann die Zahl der weißen Blutkörperchen und der Milzzellen (die ebenfalls für eine reibungslose Abwehrfunktion verantwortlich sind) steigern. Doch Vorsicht: Echinacea sollte nicht länger als acht Wochen kurmäßig eingenommen werden. Eine dauerhafte Immunstimulanz kann ins Gegenteil umschlagen und eine Autoimmunerkrankung wie Schuppenflechte oder Gelenkrheuma fördern.