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Osteopathie für Babys Sanfte Heilung für die Kleinsten dank Osteopathie?

Osteopathie für Babys: Baby wird osteopathisch behandelt
© Dan Race / Shutterstock
Wie funktioniert Osteopathie für Babys – und wann ist sie sinnvoll? Wir erklären die Methode und sprechen mit der Expertin Heidi Polzin.

Was ist Osteopathie?

Osteopathie ist eine ganzheitlich orientierte Form medizinischer Behandlung. Sie beruht auf der Überzeugung, dass der Mensch sich gesund und fit fühlt, wenn alle miteinander verbundenen Strukturen (Knochen, Faszien, Gelenke, Organe) im Körper gut zusammenarbeiten. Dazu gehört auch das Craniosacrale System: Im Schädel (Cranium) befindet sich das Gehirn, das sich als Rückenmark im Wirbelkanal fortsetzt. Es ist von Liquor (Rückenmarks- und Gehirnflüssigkeit) umgeben, der im Takt von sechs bis zwölf Mal pro Minute pulsiert und sich mit den Händen erspüren lässt.

Durch gezielte Handgriffe lösen Osteopathen Spannungen und Blockaden und bringen so auch den Puls wieder in Takt, der bei Störungen stottern oder versickern kann. Damit regen sie den Stoffwechsel und vor allem die Selbstheilungskräfte des Körpers an.

Wie sinnvoll ist Osteopathie für Babys?

Osteopath:innen gehen davon aus, dass viele Babys nach der Geburt unter einem Trauma leiden. Beispielsweise durch einen Kaiserschnitt oder weil sie mit einer Saugglocke auf die Welt geholt werden mussten. Dadurch können verschiedene Beschwerden wie anhaltendes Schreien (Dreimonatskoliken) oder eine angespannte Muskulatur auftreten. Mithilfe von Osteopathie für Babys sollen diese Beschwerden auf sanfte Art behandelt werden können.

Aufmerksam werden sollten Eltern demnach beispielsweise, wenn ein Neugeborenes nach der Geburt den Kopf immer nur nach links dreht, aber nie nach rechts. Hier könnte eine Blockade der Halswirbelsäule ursächlich sein, die geübte Osteopathen und Osteopathinnen durch Abtasten erkennen und durch sanften Druck beheben können. Behandelt man das Problem nicht, könnte es laut Osteopath:innen unter anderem zu Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Trinkproblemen beim Säugling führen.

Ist Osteopathie für Babys wissenschaftlich bewiesen?

Bisher gibt es keine wissenschaftlichen Studien, die die Osteopathie für Babys als wirksame Behandlung eindeutig belegen. Viele Eltern berichten zwar davon, dass die Beschwerden ihres Kindes nach einer Behandlung nachgelassen haben. Kritiker:innen bezweifeln allerdings, dass Osteopathie für Babys wirklich nötig ist – demnach lassen beispielsweise funktionelle Störungen nach einem Geburtstrauma beim Kind in der Regel mit der Zeit von alleine nach. Außerdem gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass es tatsächlich zu Beschwerden wie Schlafstörungen kommt, wenn das Kind den Kopf anfangs immer nur auf eine Seite dreht.

Kosten der Osteopathie für Babys

Einige gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten für Osteopathie – hier lohnt sich eine Nachfrage, ehe man die Behandlung beginnt. Eine Pflicht zur Übernahme gibt es für die Kassen aber nicht, da die Wirksamkeit der Osteopathie nicht eindeutig nachgewiesen ist.

Expertinnengespräch mit Physiotherapeutin und Osteopathin Heidi Polzin

Wenn Babys sehr viel weinen, sind wir Mütter manchmal einfach ratlos. Was, wenn dem Kind etwas wehtut, was wir selbst nicht sehen oder ertasten können? Ein Gespräch mit Physiotherapeutin und Osteopathin Heidi Polzin:

Was passiert, wenn Sie eine:n Patient:in mit Osteopathie behandeln?

Heidi Polzin: Ich nehme den Patienten erst visuell wahr, dann mit meinen Händen. Damit finde ich die Stellen, wo der Körper Bremsklötze eingebaut hat. Im Körper ist ja alles im Fluss, das Blut, die Lymphe, Hirn und Rückenmark schwimmen im Liquor. Und dort kann ich den Puls fühlen; wenn er nicht rhythmisch ist, verweist das auf eine Störung.

Warum eignet sich Osteopathie für Babys als Therapie?

In keinem System drückt sich Gesundheit so kraftvoll aus wie im Körper eines Babys, es hat noch alle Kapazitäten. Und ein Problem, das erst kurze Zeit da ist, kann man entsprechend schnell lösen.

Wegen welcher Probleme bringen Eltern denn ihre neugeborenen Babys in Ihre Praxis für Osteopathie?

Während der Schwangerschaft oder vor allem bei der Geburt können Komplikationen auftreten. Durch Platzmangel und Krafteinwirkungen können sich die Schädelknochen oder die Wirbelsäule des Kindes verschieben. Meistens sortiert sich das Baby nach der Geburt von allein, durch Trinken oder Schreien – manchmal aber auch nicht. Das zeigt sich daran, dass das Baby unruhig ist und schlecht schläft, Trink- und Verdauungsstörungen hat oder eine Haltungs-Asymmetrie.

Wie gehen Sie dann vor?

Ich schaue mir die Schädelnähte an, die Halswirbelsäule, die oberen Kopfgelenke, die Winkel des Hüftgelenks. Wenn etwa die Hüften auffällig sind, ist fast immer auch etwas im Nacken oder an den Füßen. Und wenn man einen Teil behandelt, löst sich das andere oft auch.

Wenn also ein Kind beispielsweise den Kopf nicht nach rechts drehen kann oder will...

...dann gucke ich, was das Hindernis ist. Die Kopfgelenke? Oder hat es im Magen oder in der Lunge eine Spannung, die bewirkt, dass der Kopf sich nicht nach rechts dreht, weil das Baby dann die Spannung spürt? Die Basis meiner Arbeit ist exaktes anatomisches Wissen. Welches Organ liegt da? Welcher Wirbel? Welches Gefäß? Wo sind Nervenabzweigungen? Wo liegt das Zwerchfell? Was liegt darunter?

Der Vagusnerv zum Beispiel beeinflusst Verdauung und Atmung. Manchmal kann die Störung auch emotionale Gründe haben. Eine lange schwere Geburt, oder eine Mutter, der es in der Schwangerschaft nicht gut ging. Das Unbewusste, auch das des Ungeborenen, speichert ja alles. Oft genügt dann schon eine einzige Behandlung. Die Eltern können die Wirkung zu Hause unterstützen. Wenn ein Baby nur nach links guckt, rate ich, Lichtquellen und ein Mobile rechts vom Bett zu platzieren.

Was ist beim Kontakt mit Babys besonders wichtig?

Grundlage einer guten Behandlung ist, das Baby als ein eigenständiges Wesen zu begreifen, das sich auf nonverbale Weise ausdrückt, mit Blicken und Gesten. Ein Baby, das mit Saugglocke geholt wurde, mag oft nicht am Kopf berührt werden. Wenn ich die Hände dahin lege und es sich rauswindet, merke ich sofort, okay, da nicht anfassen. Also gehe ich an eine andere Stelle. Ein einfühlsames Zuhören bei dieser Kommunikation mit dem Baby – auch in Verbindung mit der Mutter – ist der erste Schritt. Ich suche vor allem einen guten Zugang. Das ist bei Babys wie bei Erwachsenen. Jeder Mensch hat Körperstellen, wo er nicht so gern angefasst werden möchte, und offene Zugänge an anderer Stelle.

Wie finden Sie den richtigen Kontakt zum Baby?

Ich bin offen, zugewandt, lächle, rede. Das Baby reagiert und öffnet sich im Idealfall auch. Die meisten sind ja ohnehin neugierig. Es ist wichtig, dass ich innerlich ruhig bin, Ruhe überträgt sich. Und dann achte ich auf alle Signale. In der Art der Kommunikation gleiche ich mich an, ich rede im Tonfall des Babys, man nennt das "pacen". Wenn es ein wenig jammert, antworte ich im gleichen Tonfall und mit dem gleichen Gesichtsausdruck. So sind wir spielerisch ständig in Kontakt.

Was fühlt das Baby bei der Behandlung mit Osteopathie?

Ein Baby, das gesund ist, genießt Berührung. Es zeigt das sehr klar, öffnet etwa die Hände. Und Babys zeigen auch klar, wenn's genug ist, durch veränderte Atmung, Sichwegdrehen, Unruhe.


Was können Eltern von Ihnen lernen?


Zum Beispiel die Signale verstehen, die das Baby gibt. Und die verschiedenen Haltegriffe. Babys mögen es gern, berührt und sicher gehalten zu werden.

Heidi Polzin arbeitet als Physiotherapeutin, Heilpraktikerin und Osteopathin in einer Gemeinschaftspraxis in Hamburg. Seit zwanzig Jahren behandelt die Mutter dreier erwachsener Kinder große und bevorzugt ganz kleine Menschen mit der sanften Osteopathie.

Quellen:

  • Bültmann, A.: QuickStart Osteopathie, Haug, 2011.
  • Beinborn, B.; Newiger, C.: Osteopathie: So hilft sie Ihrem Kind, 2. Auflage, Trias, 2005.
Brigitte

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