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Natural Running: Mehr Freiheit beim Joggen

Füße können auch ohne dicke Sohlen laufen. Natural Running heißt der Trend. Für wen ist Natural Running geeignet? Alle Infos zum Thema.

1. Natürlich laufen (Natural Running) - mache ich das nicht automatisch?

Natural Running: Mehr Freiheit beim Joggen
© amriphoto/istockphoto.com

Ja, wenn wir barfuß laufen. Aber wer macht das schon regelmäßig außer im Strandurlaub? Üblicherweise sind wir in gut gedämpften, stützenden Laufschuhen unterwegs, die noch dazu hinten meist deutlich höher sind als vorn. Dadurch setzen wir den Fuß ganz anders auf: Statt wie beim Barfußlaufen auf dem ganzen Fuß oder sogar dem Vorfuß aufzukommen, rammen wir mit gestrecktem Bein die Ferse in den Boden. Das wirkt wie ein Schlag auf die Gelenke, der sich über Knie und Hüfte bis in den Rücken überträgt. Außerdem machen starre und stabile Schuhe mit einer dicken Sohle den Fuß träge, es ist ein bisschen so, als wäre er eingegipst - seine vielen kleinen Muskeln verkümmern. Das soll ab jetzt anders werden. Die Laufschuhhersteller haben das Natural Running entdeckt, es gibt immer mehr minimalistische Modelle, die das Barfußgefühl simulieren. Besondere Kennzeichen: Ihre Sohlen sind flach und flexibel, bisweilen auch nur hauchdünn. Sie stützen wenig bis gar nicht und haben eine geringe Sprengung, das heißt, sie sind hinten kaum höher als vorn.

2. Natural Running - was genau soll das bringen?

Über Jahrtausende waren unsere Vorfahren barfuß in der Steppe unterwegs. Das steckt uns auch heute noch in den Knochen. "Unser Muskel- und Skelettsystem hat sich seit der Steinzeit nur wenig geändert ", sagt der Evolutionsbiologe Detlev Ganten. Nicht nur der Fuß, der ganze Körper ist darauf ausgelegt, gefordert zu werden wie beim Barfußgehen. Das stärkt alle Muskeln, Sehnen und Bänder, die Bewegungen laufen harmonischer, und dadurch werden die Gelenke weniger belastet. So kann Barfußgehen sogar gegen Kniebeschwerden, Rücken- und Kopfschmerzen helfen sowie Krampfadern und Osteoporose vorbeugen. Logisches Credo des Evolutionsbiologen Ganten: Wir sollten so oft wie möglich "unten ohne" laufen. Weil wir aber nicht täglich in der Steppe oder auf weichem Waldboden laufen, sind die neuen minimalistischen Schuhe für das Natural Running der perfekte Kompromiss. Sie bieten Schutz und (je nach Modell) auch ganz leichte Dämpfung, lassen aber trotzdem echtes Barfußfeeling aufkommen.

3. Muss ich das Laufen denn jetzt ganz neu lernen?

Ein bisschen Umstellung ist tatsächlich nötig. In einer Barfußstudie der Universität Wisconsin setzte die Hälfte der Testläufer auch weiterhin die Ferse zuerst auf. Fatal, denn die Belastung für die Gelenke kann dann fast doppelt so hoch sein wie im klassischen, gut gedämpften Laufschuh. Also unbedingt darauf achten, dass Sie auf dem ganzen Fuß landen - und zwar kurz vor oder direkt unter dem Körperschwerpunkt. Für Ihre Schritte gilt das Vokuhila-Prinzip: vorne kurz, hinten lang. Das passiert fast automatisch, wenn Sie gleichzeitig die Schrittfrequenz erhöhen. Wichtig sind auch die Arme: Sie werden im spitzen Winkel aus dem Schultergelenk heraus dicht am Körper entlang bewegt. So bewegen wir uns flüssiger, ökonomischer.

4. Gibt es irgendetwas, das besonders Frauen beachten müssen?

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Wir neigen eher zu X-Beinen als Männer, weil wir ein breiteres Becken haben, knicken deshalb mit dem Fuß leichter nach innen ab. "Ein natürlicher Laufstil, bei dem der Fuß flach aufsetzt und die Fußmuskeln ordentlich trainiert werden, kommt Frauen des- halb entgegen. Das gibt Stabilität", sagt der Natural-Running-Experte und Autor der "Laufbibel" Dr. Matthias Marquardt (Infos zu seinen Seminaren finden Sie unter www.natural-running.com). Außerdem werden die Kniegelenke entlastet, ebenfalls eine unserer Schwachstellen. Allerdings litten Frauen auch öfter unter einem Spreizfuß, vor allem wenn sie häufig High Heels tragen, so Marquardt. Dann sei Vorsicht geboten, minimalistische Schuhe könnten die Beschwerden verstärken.

5. Soll ich meine alten Schuhe wegwerfen?

Bloß nicht. Wir haben ja auch nicht nur eine Handtasche im Schrank. Minimalschuhe sind erst einmal eine gute Ergänzung und eher als Trainingsgerät gedacht. Wir sollten uns langsam an die neuen Begleiter gewöhnen. Die Fußmuskeln müssen in ihnen ganz anders mitarbeiten, auch Achillessehne, Waden und Knie werden durch den Schuhaufbau und die neue Lauftechnik ordentlich gefordert. "60 bis 70 Prozent aller Läufer kriegen Probleme, wenn sie zu schnell umsteigen", sagt die Berliner Lauftrainerin Ruth Abendschein. Besonders die Sehnen und Bänder brauchen für die Umstellung einige Wochen Zeit. Und auch das Gehirn muss erst lernen, die neuen, sensorischen Signale vom Fuß richtig zu interpretieren. Die Komplettumstellung dauert ungefähr ein Jahr. Zum Glück bieten die verschiedenen Modelle aber auch unterschiedliche "Freiheitsgrade", sodass man sich langsam an das hundertprozentige Barfußfeeling heranarbeiten kann.

6. Sind Barfußschuhe für jeden gut?

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Nein. Wer mit einigen Pfunden zu viel gerade erst mit dem Laufen beginnt oder eine schmerzhafte Fehlhaltung der Füße hat, sollte sich sehr gut beraten lassen und lieber auf mehr Dämpfung und Stabilitätselemente im Schuh setzen. Auch nach einem Bandscheibenvorfall oder Verletzungen an den Bändern, im Knie- oder Sprunggelenk ist eher erst einmal Vorsicht geboten.

7. Wie klappt der Einstieg ins natürliche Laufen?

Mit unserem Trainingsplan ganz leicht. Immer schön langsam machen, lautet die Devise. Die neuen Schuhe werden erst mal im Alltag getragen, dann bei kürzeren Läufen. Einsteiger sollten generell kein ganz flaches Minimalmodell wählen.

Dauerläufe

Tempo: Laufen Sie so, dass Sie sich noch gut unterhalten können. Oder genauer: Ihr Puls sollte zwischen 65 und 80 Prozent des Maximalwertes (maximale Herzfrequenz auf der Pulsuhr) liegen.

Lauf-ABC

Folgende Übungen variieren:

Anfersen: Mit den Füßen gegen den Po tippen, entweder im Wechsel oder drei Mal auf jeder Seite. Der Körper ist leicht vorgeneigt, die Hüfte bleibt gestreckt. Entweder auf der Stelle oder im leichten Trab üben.

Kniehebelauf: Knie betont hochziehen, bis die Oberschenkel sich in der Horizontalen befinden. Becken bleibt gestreckt, der Oberkörper aufrecht, leicht nach vorn geneigt.

Fußballenlauf: Bewusst mit den Fußballen aufsetzen, mit der Ferse nur leicht den Boden berühren, dann betont über den Ballen wieder abdrücken. Blick geradeaus, Arme schwingen parallel mit.

Wichtig: Beim Lauf-ABC immer 10 Minuten warm laufen und das Auslaufen einplanen. Zudem pro Woche zwei Mal Krafttraining für Rumpf, Stabilität und Koordination einplanen.

Fußtraining

Um die Fußmuskulatur zusätzlich fit zu machen, sollten Sie diese Übungen mit bloßen Füßen regelmäßig einplanen, die Sie ganz entspannt zu Hause absolvieren können.

Papierkram: Legen Sie eine Zeitungsseite auf den Boden. Versuchen Sie, sie mit dem bloßen Fuß zusammenzuknüllen und hochzuheben. Ein guter Test, um zu gucken, wie beweglich der Fuß ist und wie viel Kraft er hat.

Kantenlauf: Stellen Sie sich auf die Außenkante des Fußes und gehen Sie langsam 10 Meter. Dann auf der Innenkante zurücklaufen. Zehen dabei leicht anheben. Stabilisiert das Sprunggelenk.

Tuchlift: Handtuch auf den Boden legen, dann hinsetzen, Handtuch mit den Füßen greifen und mindestens 10 Zentimeter anheben, evtl. bis auf Kniehöhe. Jede Seite 5 bis 10 Mal. Stärkt Füße, Oberschenkel und nebenbei den Bauch.

Trainingsplan "Natural Running"

In fünf Wochen zur Barfußläuferin: Unser Trainingsplan bereitet Ihre Füße optimal fürs Natural Running vor.

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Trainingsplan "Natural Running" Woche 3 bis 5

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Text: Tanja Reuschling Fotos: Getty Images, PR Ein Artikel aus BRIGITTE Balance

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